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Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ Immer wieder Einsamkeit - Wie die Telefonseelsorge in Halle hilft

Seit mehr als 20 Jahren engagiert sich Rita Ebken ehrenamtlich in der Telefonseelsorge. Nun ist sie gemeinsam mit weiteren Helfern für den Esel-Publikumspreis nominiert.

Von Annette Herold-Stolze Aktualisiert: 26.05.2025, 14:24
Fürs Foto ans Telefon: Anrufe bei der Telefonseelsorge sind vertraulich. Hier führt Rita Ebken kein echtes Gespräch.
Fürs Foto ans Telefon: Anrufe bei der Telefonseelsorge sind vertraulich. Hier führt Rita Ebken kein echtes Gespräch. Foto: Annette Herold-Stolze

Halle (Saale)/MZ. - Ein Flyer beim Arzt und Zeitungsanzeigen haben Rita Ebken auf die Idee gebracht: 1996 entschied sie sich auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit zur Mitarbeit bei der Telefonseelsorge. Gemeinsam mit anderen Helfern ist sie nun für den Publikumspreis des Bürgerpreises „Der Esel, der auf Rosen geht“ nominiert.

Dass die anderen Nominierten hier ungenannt bleiben, hat einen Grund: Es ist Prinzip der Telefonseelsorge, dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter im Hintergrund bleiben und dass alle Gespräche vertraulich bleiben. Dass sich Rita Ebken nun öffentlich zeigt, kann Gundula Eichert erklären, die hauptamtliche Leiterin der vom Evangelischen Kirchenkreis getragenen Telefonseelsorge: „Wir haben uns dazu entschlossen, um auf unsere Arbeit aufmerksam zu machen.“

Dabei mangelt es nicht an Menschen, die bei den Ehrenamtlichen Beistand suchen. Die Telefone – inzwischen kann man auch per E-Mail Kontakt aufnehmen – sind rund um die Uhr besetzt. Und anders als noch in den 1990ern klingeln sie auch zu jeder Zeit. „Früher konnte man im Nachtdienst auch mal eine längere Pause einlegen“, berichtet Rita Ebken. „Das hat sich sehr verändert.“ Heute wie damals sei Einsamkeit oft der Grund für einen Anruf unter den Nummern 0800/1110111 und 0800/1110222 . Jüngere Menschen meldeten sich ebenso wie ältere; und auch nicht nur Alleinlebende. „Für manche sind wir der einzige Halt.“

Grundsätzlich keine Ratschläge

Womit Rita Ebken und ihre Kollegen sonst zu tun haben? „Armut, Depressionen, Ängste, Sucht ...“, zählt sie auf. „Aber eigentlich gibt es alles, was man sich vorstellen kann.“ Wie die Mitarbeiter der Telefonseelsorge unterstützen können? „Wir geben grundsätzlich keine Ratschläge“, sagt Rita Ebken. Dabei hätten viele, die sich für das Ehrenamt interessieren, anfangs genau diese Vorstellung, sie selbst eingeschlossen. In der zehnmonatigen Ausbildung, die obligatorisch ist, habe sie vieles gelernt, unter anderem, dass es nicht immer eine Lösung gibt und dass es aber schon helfen könne, einfach nur zuzuhören.

Gesprächsführung ist ein Teil der Ausbildung, die zwei Abende im Monat und drei Wochenenden umfasst, Selbstreflektion ein weiterer. Zudem wird Grundwissen im Umgang mit Menschen in schwierigen Lebenssituationen vermittelt. Auf die Ausbildung folgt Dienst am Telefon in Begleitung eines erfahrenen Mitarbeiters – als Mentorin engagiert sich auch Rita Ebken seit Jahren.

Dabei ist sie wie die anderen Mitarbeiter auch selbst noch Lernende – bei regelmäßigen Qualifizierungen. Außerdem gehört Supervision zum Ehrenamt – eine Möglichkeit für die Mitarbeiter, sich über Gespräche auszutauschen und auch ihre eigene Rolle dabei zu reflektieren.

Dieser Austausch sei wichtig, sagt Rita Ebken. Auch deshalb, weil sich die Mitarbeiter verpflichten, außerhalb der Telefonseelsorge nicht über ihre Arbeit zu sprechen. Und wenn ein Gespräch für die Ehrenamtlichen besonders belastend war? Dann gebe es immer noch die Gelegenheit, beim Schichtwechsel mit anderen Mitarbeitern zu reden.

Zwölf Stunden Dienst leisten die Mitarbeiter im Monat, bei Rita Ebken, die im Saalekreis zu Hause und hauptberuflich im öffentlichen Dienst tätig ist, können es auch mal mehr werden. Die Arbeit bereite ihr Freude, sagt sie. „Und sie erdet mich. Ich habe viel Glück gehabt“, stellt sie immer wieder fest. „Das macht mich dankbar und ehrfürchtig vor dem Leben.“