"Ich will nicht in Rente" "Ich will nicht in Rente": Spitzen-Beamter darf nicht bis 67 für die Stadt arbeiten

Halle (Saale) - Lothar Rochau zeigt sich kernig und voller Tatendrang. In dem kurzen Fernsehbericht von Sat.1 joggt der 65-Jährige durch Halle. Rochau ist im Büro des Oberbürgermeisters für die strategische Steuerung des Sozialbereichs verantwortlich und einer der engen Vertrauten von Bernd Wiegand (parteilos). Am 30. September beginnt sein Ruhestand.
Doch Rochau will nicht in Pension und bis 67 arbeiten. Allerdings verweigerte zuletzt der Personalausschuss des Stadtrats der Vertragsverlängerung die Zustimmung. Wiegand legte Widerspruch ein. Nun hat der Stadtrat am 27. September das dank TV medienwirksam aufbereitete Thema im nicht öffentlichen Teil vor der Brust.
TV-Beitrag über Lothar Rochau sorgt für Stirnrunzeln im Stadtrat von Halle (Saale)
„Das ist schon ein starkes Stück und auch ungewöhnlich, dass sich der OB im Fernsehen über eine nicht öffentliche Personalangelegenheit äußert“, sagt SPD-Fraktions-Chef Johannes Krause. Wie Andreas Scholtyssek (CDU) will er sonst nichts sagen. „Nicht öffentlich, kein Kommentar in der Sache“, heißt es. Laut OB ist Rochau der erste Beamte in der Stadtverwaltung, der seinen Pensionseintritt verschieben möchte. Von den 2.661 Angestellten der Stadt (Stand 2016) sind 1.629 in der Kernverwaltung beschäftigt. 334 sind Beamte. Angestellte gehen zumeist mit 65 Jahren und sechs Monaten in den Ruhestand, Beamte mit dem Ablauf des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr erreichen, so die Pressestelle der Stadt.
Lothar Rochau will nicht in Rente gehen - OB Bernd Wiegand will ihn nicht ziehen lassen
„Ich fühle mich fit. Es gibt viele wichtige Projekte, an denen ich beteiligt bin und zu denen ich noch zwei Jahre meinen Beitrag leisten will“, sagt Rochau der MZ. Er solle am Konzept für den sozialen Arbeitsmarkt, der Prävention für die Jugendhilfe oder an der Neuausrichtung für das Haus der Wohnhilfe mitwirken, betont der OB: „Er ist ein hervorragender Mitarbeiter mit positiver Ausstrahlung, der lösungsorientiert arbeitet. Seine Fachkompetenz und seine Erfahrung müssen weiter genutzt werden.“
In anderen Bundesländern müssten Beamte bereits gesetzlich bis zum 67. Lebensjahr arbeiten. „Neue Mitarbeiter benötigen viele Jahre, um diese Kompetenz zu erlangen“, erklärt Wiegand.
Schon 2013 kehrte Lothar Rochaus aus dem Ruhestand zurück
Ist die Reaktion des Personalausschusses „politisch motiviert“, wie der OB vermutet? Die Causa Rochau sorgt seit Jahren für Diskussionen. 2013 hatte Wiegand den damals 60-jährigen Rochau aus dem Vorruhestand zurückgeholt. Der Entschluss hatte auch zu Protesten im Rat geführt. 2014 stimmte der Personalausschuss dann dafür, Rochaus Stelle zu streichen.
Der Posten trägt seitdem intern den Vermerk „kw“ für künftig wegfallend. Den Stadträten waren seinerzeit unter anderem die hohen Personalkosten ein Dorn im Auge. Auch heute ist das noch ein Grund, hört man.
Lothar Rochau möchter weiter für die Stadt Halle arbeiten - einen Rechtsanspruch hat er allerdings nicht
Einen Rechtsanspruch hat Rochau nicht, den Ruhestand hinausschieben zu können. „Es handelt sich um eine Ermessensentscheidung, für die ein dienstliches Interesse vorliegen muss“, sagt Nancy Eggeling aus dem Innenministerium des Landes. Dieses dienstliche Interesse könnte bestehen, hat die Kommunalaufsicht schon klargestellt.
Die Entscheidung treffe der Personalausschuss im Einvernehmen mit dem OB. Lehnt der Stadtrat ab und geht der OB noch einmal in Widerspruch, wandert der Fall zum Landesverwaltungsamt. Mit welchem Ausgang? Da möchte sich Behördensprecherin Denise Vopel nicht festlegen. „So etwas hatten wir bislang noch nicht.“ (mz)