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Hürden-Sprinterin aus Halle Hürden-Sprinterin aus Halle: Cindy Roleder steigert ihr Pensum

Von Christoph Karpe 23.11.2017, 07:00
Idylle am Meer: Cindy Roleder im Hotel am Strand von Flic en Flac auf Mauritius
Idylle am Meer: Cindy Roleder im Hotel am Strand von Flic en Flac auf Mauritius privat

Halle (Saale) - Die sehr leckere, aber bescheidene Variante Penne mit Lachs ist doch etwas zu gering geraten, um sämtlichen Appetit zu stillen. Ein Stückchen Schoko-Kuchen im Nachgang schafft Abhilfe. Sorgen, dass die süße Leckerei sichtbare Spuren im Hüftbereich hinterlassen könnte, macht sich Cindy Roleder keine.

Schließlich verbrennt Halles Hürden-Star inzwischen wieder regelmäßig Kalorien. „Neun Trainings-Einheiten sind es derzeit pro Woche. Ich steigere mein Pensum peu à peu“, erzählt die 28-Jährige und verrät mit einem freudig aufgeregten Unterton: „Heute Nachmittag habe ich erstmals wieder Spikes an.“

Cindy Roleder: Der Ischiasnerv machte Probleme

Erstmals seit Monaten. Erstmals seit ihrer „Dummheit“, wie sie den Start Anfang Mai beim Deichmeeting in Neuwied heute nennt. Der Rücken blockiert, der Ischiasnerv entzündet - trotzdem wollte sie den Formtest entgegen aller Vernunft nicht sausen lassen. Wird schon gehen. Eben nicht. „Als ich dann nach vierstündiger Fahrt wieder zu Hause war, kam ich wegen der Schmerzen kaum noch aus dem Auto. Gehen war die Hölle.“

Der Rest ist bekannt: Cindy Roleder, die mit dem Hallen-EM-Titel so großartig ins Jahr 2017 gestartet war, musste Ende Juni ihr Saison-Aus verkünden. Bedeutete: Die Vize-Weltmeisterin von 2015 und Europameisterin 2016 konnte nicht bei den Weltmeisterschaften in London mit um die Medaillen flitzen. Und auch finanziell geriet das Drama zum Schlag ins Kontor.

Zwei Monate hat Halles Hürden-Star Cindy Roleder pausiert

Cindy Roleder mag nicht lamentieren. „Selbst Schuld, ich hätte nicht starten, sondern auf die Warnsignale meines Körpers hören sollen“, sagt sie. Und genau das will sie in Zukunft tun. „Wenn sich der Ischiasnerv meldet oder etwas anderes, werde ich das Training zurückfahren.“

Zwei Monate hat die Läuferin komplett pausiert. Sie absolvierte ein Praktikum bei der Polizei. Schwerpunkt: Ermittlungen bei Fällen von Kinder- und Jugendkriminalität. „Da ist vieles auch Sozialarbeit“, sagt sie. Cindy Roleder machte Urlaub in Abu Dhabi. Aber das Wichtigste: Sie lernte unheimlich viel, was alles zum Leistungssport gehört - außerhalb der Schinderei im Training. „Ich habe mit einem Professor zusammengesessen, der meine Blutwerte analysierte. So wurde festgestellt, dass meine Magnesium-, Eisen- und Aminosäure-Werte total im Keller waren.“

Was Cindy Roleder aus ihren gesundheitlichen Problemen gelernt hat

Die Konsequenz: „Jetzt gehe ich mit Nahrungsergänzungsmitteln ganz bewusst um.“ Sie lernte: Wenn Eisen und Magnesium gleichzeitig eingenommen werden, neutralisieren sich die Spurenelemente. Omega 3 schlägt früh am besten an. Aminosäuren benötigt der Körper nach harten Einheiten. Inzwischen hält sie sich an ein Merkblatt, um die Ernährung zu optimieren.

Mehr noch: „Früher gab es für mich 100 Prozent Training, Regeneration lief nebenbei. Jetzt ist das Verhältnis fünfzig-fünfzig.“ Rumpfbereich, Adduktoren, Fußgelenke stärkt sie mit speziellen Übungen. Und: „Dehnung war nie mein Ding, nun habe ich dafür Yoga für mich entdeckt.“

Um das Zeitmanagement zwischen Training und Regeneration zu optimieren, wurden eine Eistonne in die Brandbergehalle, das „Hauptquartier“ von Cindy Roleder, gestellt und Physio-Möglichkeiten geschaffen.

Der Comeback-Plan lief dann richtig auf Mauritius an. Auf der Sonneninsel im Indischen Ozean absolvierte sie ihr erstes Trainingslager seit dem Neustart. Unterkunft: ein drei Sterne Hotel am Strand bei Flic en Flac mit Halbpension. Von dort aus ging es mit dem Mietwagen ins etwa zehn Minuten entfernte Stadion. Seit gut einer Woche ist Cindy Roleder zurück. „Es war dort ziemlich perfekt“, schwärmt sie.

Cindy Roleder steigert ihr Trainingspensum in Halle

Nun wird das Pensum in Halle gesteigert. „Im Dezember wollen wir entscheiden, ob ich die Hallensaison bestreite“, sagt Cindy Roleder über ihre Pläne. Ein Ziel steht über allem: „Nächstes Jahr möchte ich in Berlin meinen EM-Titel verteidigen.“

Das klingt so selbstverständlich wie ambitioniert. Schließlich ist ihr 2017 auch eine neue nationale Konkurrentin erwachsen. Pamela Dutkiewicz (26), 2016 noch eine graue Maus, war in London sensationell über die Hürden zum WM-Bronze geflogen. „Ich werde mich aber nicht nur auf sie fokussieren. Sie ist eine Konkurrentin wie jede andere“, mag Cindy Roleder den anstehenden nationalen Zweikampf nicht zu hoch hängen. Nur eines noch: „An die Spitze zu kommen, ist relativ einfach. Oben zu bleiben, das ist das Schwierige.“

Oder zurückkommen. Cindy Roleder ist fest gewillt, das zu schaffen. Die unfreiwillige Auszeit kann sogar geholfen haben - mit all den neuen Erkenntnissen.

(mz)

Cindy Roleder beim Training auf Mauritius
Cindy Roleder beim Training auf Mauritius
privat