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Hoftheater Hoftheater: Ein Fall für Falstaff

Von Detlef färber 16.06.2013, 20:52
Schauspieler und Musiker - und immer mit Vollgas: Martin Reik
Schauspieler und Musiker - und immer mit Vollgas: Martin Reik Thomas Meinicke Lizenz

Halle/MZ - So viel Geschlechtergerechtigkeit muss sein: Wenn ein Stück schon was mit „lustige Weiber“ heißt, dann hat es sich einen Mann als Hauptfigur redlich verdient. Und bei lustig, weiblich und Mehrzahl kann und darf das auch nicht irgendein Mann sein. Nein, eine robuste Konstitution, Roßnatur und stabile Statur ist da schon das Mindeste, was er braucht - so meinte wohl auch Shakespeare. Und schuf eine Figur, die er dann gleich zwei Mal ins Getümmel seiner Stücke schickte.

In einem - besagtem „Die lustigen Weibern von Windsor“ - hat dieser Typ außer seinen selbst auferlegten Problemen mit besagten Weibern auch mindestens noch ein anderes Problem: Kein Geld, wieder keins, niemals eins. Da muss einer wirklich stark sein. Und das trifft auch auf jeden zu, der diesen Typen, der übrigens Falstaff heißt, auf der Bühne spielen will.

In Halle ist das ein klarer Fall für Martin Reik. Reik ist einer, der gasgibt. Immer, aber nicht immer laut nach Art des aufheulenden Motors im dritten Gang. Nein, sein Gasgeben kann auch still sein. Ja, sogar langsam. Es ist also ein Gasgeben, das man besser Präsenz nennt. Oder Intensität. Gerade hat Reik in Halle ein Stück am Wickel, in dem er sich praktisch voll verwirklichen kann - obwohl dessen Titel „Der Garten“ nicht gerade nach Vollgas klingt.

Im Hof am Donnerstag. Weitere Vorstellungen am 22., 27. und 29. Juni - jeweils um 20.30 Uhr.

In diesem Stück fällt ein schöner Satz. Ein Nebensatz, der aber nebenbei auch auf die Hauptfigur und ihren Darsteller zutrifft. „Du hast dir den Traum von Wildnis erfüllt.“ Ja, das hat er. Der Schauspieler Martin Reik nutzt in diesem Stück die Chance, auch sein zweites großes Talent, die Musik, voll rauszulassen: Als quasi Komponist, Arrangeur, Sänger und als Ein-Mann-Band gibt er diesem merkwürdigen, witzig-anrührenden Happening einen Energieschub nach dem anderen.

Und dann geht die Fuhre gleich mal richtig ab. Übrigens spielt Reik im „Garten“ einen alternden Rockstar - einen von denen, die gern mal von etlichen, nicht immer lustigen Weibern verfolgt sind. Am Donnerstag, wenn die richtig lustigen Weiber von Shakespeare im Hof des Neuen Theaters Premiere haben, muss Reik als Falstaff die Rolle des Verfolgers übernehmen und gleich etlichen Damen nachstellen, wie das früher hieß. Vorher werden wir Martin Reik übrigens mal wieder im Sonntags-„Tatort“ erlebt haben. Und auch noch am Tatort - aber das nur nebenbei.

In der Inszenierung von Jörg Steinberg werden die Weiber übrigens ... - na lassen wir uns überraschen. So viel kann man aber schon sagen, dass als weiteres Problem das Thema Wahrheit auf Falstaff zukommt. Und zwar in einer Weise, wie sie zum Beispiel gut in den Wahlkampf passt: Einer muss allen alles versprechen. Manche nennen das humorloserweise lügen. Wäre der Wahlkampf etwa auch ein Fall für Falstaff?

Wie auch immer - Martin Reik muss sich in diesen Typen reindenken. Und das heißt, er muss ihn für sich auch ein bisschen sympathisch, ein bisschen identifizierbar hinkriegen. Und dabei ist Reik ganz von allein auf diesen fast schon philosophischen Satz gestoßen: „Auch als Lügner kann man die Wahrheit suchen“.

Naja, man muss ja nicht immer fündig werden. Beste Chancen fündig zu werden, hat hier aber, wer ein tolles Sommertheater-Erlebnis sucht.