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Historischer Festumzug Historischer Festumzug: Nonne lief an der Spitze

Von Daniela Kainz 16.06.2002, 18:55

Brachstedt/MZ. - Noch einmal ein kurzer Blick in den Spiegel. Sitzt die Haube richtig? Und schon stürzte sich Isa Junge ins Festgetümmel. Oder genauer gesagt: Eilte die Brachstedterin zum Treffpunkt für den Festumzug. 1050 Jahre wurde ihr Heimatort an diesem Wochenende alt. Bei diesem Ereignis wollte sie nicht fehlen.

Als Nonne führte sie mit zwei weiteren Ordensschwestern auf Zeit die historische Karawane an. Nur ihre Kinder Katharina (10) und Ludwig (8) - ebenfalls in historischen Kostümen, die die Großmutter genäht hatte - liefen noch vor ihr her. Sie trugen ein Holzkreuz. "Die Kinder von der Christenlehre haben es gebaut", so Frau Junge - die Gemeindekirchenrätin.

Das lange schwarze Gewand, das die 39-Jährige trug, musste sie nicht erst schneidern. Eine Bekannte, die sich damit sonst zur Faschingszeit schmückt, hatte es ihr geborgt. "Es passt wie angegossen, ich musste nichts ändern", erzählt die Brachstedterin, die als Krankenschwester in Halle arbeitet.

Nicht jeder im Festumzug wurde sofort erkannt - Adelheid Bauer zum Beispiel, die in die Rolle des Brachwitzer Bimmelmanns geschlüpft war und damit an ihren Großvater erinnerte, der noch bis in die 40er Jahre als Gemeindediener die neuesten Amtsmitteilungen in den Straßen verbreitete. Als der Mann von Isa Junge dem Brachstedter Original noch das wichtigste Utensil - die alte Glocke aus dem Fundus des Karnevalsvereins - mit auf den Weg geben wollte, übersah er sie glatt. Seine Frau Isa konnte helfen: "Mit dem angeklebten Schnauzbart, das ist sie."

Frau Junges Garderobe löste kein Grübeln aus. Freunde erkannten sie sofort und winkten ihr zu. Und sie winkte zurück - wie noch öfter im Zug durch das Dorf. Die Brachstedterin kennen viele. Immer zur Weihnachtszeit übt sie mit den Kindern das Krippenspiel ein.

Nach etwa einer Stunde zählte der historische Festumzug auch schon wieder zur Heimatgeschichte. Frau Junge legte ihr Kostüm ab und zog schnell ihre Privatkleider über. Genug Geburtstag gefeiert? Nein, jetzt begann der gemütliche Teil. Mit der Familie ging es zur Kaffeetafel auf den Dorfplatz, wo schon die anderen Gäste warteten.