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Hinter den Kulissen  Hinter den Kulissen : Kunst der Illusion in den Theaterwerkstätten

Von Claudia Crodel 30.12.2017, 14:00
Christian Wagner im Malsaal der Theaterwerkstätten
Christian Wagner im Malsaal der Theaterwerkstätten Lutz Winkler

Halle (Saale) - Dachpappe für den Boden der Opernbühne, geht das? Für die Drei-Groschen-Oper soll ein Bühnenbild entstehen, das die Handlung auf einem Dach spielen lässt. „Normale Dachpappe bricht viel zu schnell. Wir haben Tanzteppich genommen und ihn malerisch so gestaltet, dass er wie Dachpappe aussieht“, erzählt Christian Wagner. Er ist Leiter des Malsaals der Theaterwerkstätten. Fünf Leute arbeiten insgesamt im Malsaal, zwei Theatermaler, ein Schriftenmaler und zwei Maler und Lackierer.

Der 37-Jährige, der nach der Schule zunächst eine Ausbildung zum Gestaltungstechnischen Assistenten abschloss, entschloss sich Ende der 90er Jahr für eine zweite Ausbildung. Im Malsaal der halleschen Theaterwerkstätten begann er 1998 ein Volontariat bei der damaligen, im vergangenen Jahr verstorbenen Malsaalchefin Cornelia Böhme und ließ sich zum Theatermaler ausbilden. Heute ist der Theatermaler ein Ausbildungsberuf. „In Dresden kann man das auch studieren“, erzählt Wagner. Das sei durchaus reizvoll. In seiner Ausbildung sei er immer ganz nah dran an der Arbeit des Theatermalers gewesen, immer direkt an den Theaterstücken und immer unter Zeitdruck.

Chef Theaterwerkstätten: „Viele Arbeiten sind einfache Anstreicharbeiten“

„Viele Arbeiten sind einfache Anstreicharbeiten“, sagt der Malsaal-Chef und erinnert sich daran, dass 20 Stühle blau gestrichen werden mussten. Aber natürlich gebe es auch viele andere Arbeiten. Der Theatermaler muss die Kunst der Illusion beherrschen und immer den Theaterraum mitdenken. „Bei der Oper muss man immer daran denken, dass zwischen Bühne und Zuschauerraum auch noch der Orchestergraben liegt“, erklärt Wagner. Da kann es sein, dass eine Kulisse von Nahem ganz einfach und billig gemacht aussieht, von der Entfernung aber eine große Wirkung von ihr ausgeht. „Für ein Bühnenbild fürs nt-Schaufenster, wo die Zuschauer ganz nah dran sind, muss man ganz anders vorgehen“, so Wagner.

Die Bühnenbilder für die Theaterstücke werden übrigens nicht nacheinander abgehandelt. „Wir hatten schon bis zu sieben Inszenierungen zu machen“, sagt Wagner. Gegenwärtig seien es fünf. Darunter ist auch das Bühnenbild für die neue Inszenierung der Verdi-Oper „Aida“, die am 20. Januar Premiere hat. Das Bühnenbild beruhe auf den Entwürfen der Uraufführung von 1871. Der Aufwand, dies nachzumalen, wäre gigantisch. Deshalb werde das Bühnenbild nicht gemalt, sondern gedruckt auf einer Plane auf Mesh-Gewebe mit winzigen Löchern wegen des Schalls.

Drei große Vorhänge für die Bühnenrückwand

Drei große Vorhänge für die Bühnenrückwand sowie schmalere Folien für die Auftrittsgassen sind so nach den alten Entwürfen entstanden. Zeitgleich wird auch für die Drei-Groschen-Oper gearbeitet, die am 18. Februar zur Premiere kommt. Und auch der Thalia Fasching spielt im Malsaal schon eine Rolle. Kerstin Leupold malt kleine Ananas-Früchte und Palmen für den beliebten Kinderfasching an, der 2018 unter dem Motto „Über die sieben Weltmeere“ steht.

Normalerweise beginnt die Arbeit an einem Stück im Malsaal immer mit der Stückabgabe und einem Treffen von Bühnenbildner, Bühnenmeister, Malsaal, Dekorations-, Plastikabteilung, Schlosserei und Tischlerei. „Der Bühnenbildner stellt sein Konzept vor, bringt eine Bauzeichnung mit und bespricht mit den Beteiligten, wie alles ablaufen soll. Viele Fragen werden da geklärt, unter anderem: In welchem Raum soll die Theaterproduktion laufen? Wie soll das Bühnenbild farblich gestaltet werden? Was muss zeichnerisch umgesetzt werden? Wie soll die Oberfläche wirken? Was entsteht in Zusammenarbeit mit den anderen Gewerken? (mz)

Der Theatermaler muss die Kunst der Illusion beherrschen.
Der Theatermaler muss die Kunst der Illusion beherrschen.
Lutz Winkler