Halle Halle: Zwischen Wut und Resignation
Halle/MZ. - Die Hiobsbotschaft wurde an neutralem Ort bekannt gegeben. Mehrere Busse hatte die Firmenleitung gemietet, um ihre Mitarbeiter gestern Nachmittag von der Kaiserslauterer Straße in die Händel-Halle zu fahren. Dort wurde offiziell erklärt, was schon seit Tagen in der Belegschaft für Unruhe sorgte: Unter den 39 Callcentern, die die Telekom bundesweit schließt, ist auch jenes auf der Silberhöhe.
Obwohl entsprechende Gerüchte bereits seit Tagen kursierten, sorgte die Bekanntgabe der Entscheidung für Entsetzen. Am frühen Nachmittag versammelten sich zahlreiche Mitarbeiter des Callcenters vor dem Firmengebäude. In Gruppen und mit ernsten Mienen diskutierten die Angestellten. Die Stimmung schwanke zwischen Resignation und Wut, sagte Betriebsrat Ulrich Schrieber.
"Eine Katastrophe"
"Wir sind alle betreten. Als die Schließung bekannt gegeben wurde, herrschte Totenstille", berichtete eine Mitarbeiterin. Ein junger Mann, der bereits in einem der Busse Platz genommen hatte, sagte: "Das hat uns voll getroffen. Das muss man erst einmal verdauen." Trotz der seit Wochen bekannten Kürzungspläne für die Servicezentralen habe er sich sicher gefühlt. "Schließlich hat unser Callcenter die meisten Mitarbeiter."
Eine "Katastrophe" nannte Verdi-Bezirksgeschäftsführer Lothar Philipp die Entscheidung. Die Personalpolitik sei nicht mehr nachvollziehbar. Erst würden Mitarbeiter in andere Gesellschaften ausgelagert, dann würden diese dichtgemacht. In Halle habe die Telekom ideale Bedingungen vorgefunden. Ein Arbeitsplatz in Magdeburg, wie ihn die Telekom den 310 Mitarbeitern als ausschließliche Alternative anbietet, sei kein Ersatz. Schon jetzt würden viele Kollegen lange Fahrzeiten auf sich nehmen. Verdi-Chef Philipp kündigte Proteste an.
"Es trifft wieder mal die Schwächsten", sagte der Regionalvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Johannes Krause, in einer ersten Reaktion. Offenbar gehe es nicht um Kompetenz, sondern allein um eine kurzatmige Kürzung der Mitarbeiterzahl. Von einem "Schlag gegen die Stadt", sprach der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau, Reinhard Schröter. Halle habe sich zu einem echten Zentrum für Callcenter entwickelt und in dieser Branche für Bewegung gesorgt.
Szabados heute vor Ort
Die hallesche Bundestagsabgeordnete der Linken, Petra Sitte, forderte die Telekom in einer Pressemitteilung auf, ihre Schließungspläne zurückzunehmen. Das Unternehmen werde "Effektivität und Serviceverbesserung nicht mit Verunsicherung und Demotivation der Beschäftigten" erreichen.
Halles Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados (SPD) will sich heute vor dem Callcenter für den Erhalt des Standorts stark machen. Betriebsrat Ulrich Schrieber mag derweil die Hoffnung nicht aufgeben, schließlich konnte 2006 schon einmal die Schließung abgewendet werden: "Am liebsten wäre es uns natürlich, wenn wir den Standort ein zweites Mal retten könnten."