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Halle Halle: Zum Greifen nah

Von JAN MÖBIUS 02.07.2010, 09:07

Halle/MZ. - Ein sensationelles Comeback bahnt sich an: Am nächsten Wochenende werden auf der historischen Halle-Saale-Schleife wieder schnelle Motorräder ihre Runden drehen. Nach einem über 40-jährigen Dornröschenschlaf der Rennstrecke will sie der Unternehmer Hinrich Hinck aus Bremervörde mit dem zweitägigen Spektakel wieder zum Leben erwecken. Bis zu 20 000 Zuschauer werden am Rennwochenende erwartet.

"Auf der Strecke werden Teilnehmer mit modernen Motorräder wetteifern. Aber auch Klassiker gehen an den Start", so Hinck zur MZ. Bis zu 200 Motorsportler erwartet der Unternehmer, der unter anderem das Bremerhavener Fischereihafen-Rennen und das internationale Eder-Bergland-Rennen organisiert. "Es werden auch bekannte Namen darunter sein", sagte Hinck. So gebe es intensive Kontakte etwa zu Heinz Rosner, der bereits in der 60er Jahren auf der Halle-Saale-Schleife für Furore sorgte. "Als weiteren Gast hoffen wir auf den deutschen Superbike-Piloten Max Neukirchner", so Hinck.

In den 50er Jahren fügten die Motorsportfreunde in Halle unter Einbeziehung einiger Straßen eine 5,2 Kilometer lange Rennstrecke zusammen. Damit lagen die Saale-Städter damals voll im Trend: Denn in nahezu jeder größeren Stadt in West- und auch in Ostdeutschland entstanden solche Straßenrennstrecken. Die Fahrer freuten sich damals über jede Gelegenheit, ihren Sport ausüben zu können und störten sich zudem nicht am Kopfsteinpflaster auf der halleschen Piste.

180 000 Zuschauer verfolgten am 25. Juni 1950 das erste Rennen auf der Halle-Saale-Schleife. Die Veranstaltung war für Motorräder, Seitenwagengespanne, Renn- sportwagen und Rennwagen ausgeschrieben. Die Fahrer waren für die Zuschauer zum Greifen nahe: In der Nordkurve saßen die Fans beim ersten Rennen nur ganze zwei Meter vom Fahrbahnrand entfernt. Held des Tages war damals Paul Greifzu aus Suhl, der das Regenrennen mit seinem Eigenbau-Wagen gewann.

In die Liste der namhaften Fahrer reihten sich in den Folgejahren zahlreiche Prominente ein. Darunter waren Edgar Barth, Arthur Rosenhammer, Rudi Krause, Willy Lehmann und Gerhard Zschoche aus der DDR sowie die Westdeutschen Theo Helfrich, Hans Stuck, Richard Trenkel, Kurt Kuhnke und Kurt Ahrens. Hinzu kamen ab 1961, als in Halle Autorennen mit internationaler Beteiligung gefahren wurden, die Spitzenfahrer Leo Mattila, Jouko Nordell (beide aus Finnland), Silvio Moser (Schweiz), Jacques Bernusset (Frankreich) und Paul Deetens (Belgien). Letzterer gewann im Jahr 1967 das vorerst letzte Rennen auf der Halle-Saale-Schleife.

Ab 1961 liefen in Halle die Motorradrennen nur noch mit 125er und 250er Solomaschinen. Die beliebten Gespann-Rennen waren von den Partei-Funktionären der DDR von allen Rennstrecken Ostdeutschlands verbannt worden. Zu groß sei die Überlegenheit der westdeutschen Konkurrenz gewesen. Überlieferungen zufolge sollte verhindert werden, dass zu Ehren der Sieger die Nationalhymne der Bundesrepublik gespielt wird.

Obwohl auf der Halle-Saale-Schleife ab 1961 die Autorennen mit Formel Junior-Wagen und ab 1964 mit Formel-III-Rennfahrzeugen international besetzt waren, ging die Zahl der Zuschauer kontinuierlich zurück. Seit dem Jahr 1966 wurden die Rennen nur noch auf der kleinen, 2,66 Kilometer langen Schleife gefahren. 1967 erfolgte der letzte Start zu einem Straßenrennen in Halle.

Doch warum will Veranstalter Hinrich Hinck nun an diese Tradition in Halle anknüpfen? "Wir wollen historische Straßenrennen wieder aufleben lassen. Mit Halle gibt es in Deutschland nur noch drei solcher Strecken", sagte Hinck. Er sehe diese Art des Motorsports als ein Stück Kulturgut, das bewahrt werden müsse. Nach Hincks Erfahrungen kommen die Rennen an und haben sogar Volksfestcharakter. "Es wird viele Angebote direkt im Innern des Renn-Rings geben", verspricht er.

Heiße Flitzer, legendäre Motorräder, Trophäen und Siegerpokale gibt es bereits jetzt in Halle zu sehen. Die Sonderausstellung "Benzin im Blut - Geschichte der Halle-Saale-Schleife" in der Großsiedehalle des Halloren- und Salinemuseums soll auf die Neuauflage des Rennens einstimmen. Bis 3. Oktober wird an der Mansfelder Straße unweit der Rennstrecke die Historie des Motorsports erzählt. Neben den originalen Rennwagen und Motorrädern aus den 50er und 60er Jahren sind persönliche Erinnerungsstücke von Fahrern und Besuchern zu sehen, zum Beispiel Erinnerungsplaketten, Ehrenpreise und unzählige Fotos mit Seltenheitswert. Alle Exponate sind von Privatsammlern und den Rennfahrern selbst zur Verfügung gestellt worden. "Dass sie in einer Ausstellung zu sehen sind, ist einmalig", so der Leiter des Salinemuseums, Rüdiger Just.

Sein Renn-Talent testen kann jeder auf der im Modell im Maßstab 1:250 nachgebauten Halle-Saale-Schleife. Hier können Kinder und Junggebliebene gegeneinander antreten, die Zeit stoppen lassen und dabei bereits jetzt hautnah Renn-Atmosphäre erleben.