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Halle Halle: Verfall der Moritzkirche könnte zum Drama werden

Von Peter Godazgar 13.09.2013, 21:37
Pflegefall Moritzkirche: Es bröckelt vor allem am Ostchor.
Pflegefall Moritzkirche: Es bröckelt vor allem am Ostchor. Jens Schlüter Lizenz

Halle/MZ - Es war eine Bilanz des Schreckens, zumindest aus denkmalpflegerischer Sicht. Und so sah Heinfried Stuve in betretend dreinblickende Mienen, als er seinen Vortrag beendet hatte. Die Moritzkirche, so das Fazit des Dessauer Architekten, ist akut gefährdet.

Deutliche Schäden

Daran kann in der Tat niemand zweifeln, der die ebenso beeindruckenden wie deprimierenden Außenaufnahmen des Gotteshauses gesehen hat. In einem aufwendigen Verfahren wurden die Nordseite und der Ostchor auf der gesamten Höhe digital abfotografiert. Die Fotos zeigen in aller Deutlichkeit, was von unten nicht zu erkennen ist: Völlig verwittertes Gestein, großflächig abgeplatzter Putz, tiefe Risse, teils komplett gelöste und vom Absturz bedrohte Steine.

Noch dramatischer wird es im Dachstuhl. Die gesamte Holzkonstruktion hat sich bereits gesenkt - um satte 20 Zentimeter! Regelmäßig fallen Schieferplatten herab. Die Balken sind von Holzwürmern und Hausschwamm befallen. „Es ist nicht 5 vor 12, sondern 3 vor 12“ hatte Kurt Scholtisek, der beim Bistum Magdeburg für die Bauprojekte zuständig ist, gesagt, als er mit einigen Gästen vor der eigentlichen Veranstaltung die 114 Steinstufen ins Gebälk hochgekraxelt war.

Zeit drängt

Keine Frage, die Sache duldet keinen Aufschub mehr - und so hatte Propst Reinhard Hentschel am Donnerstagabend zwei Dutzend Vertreter von Institutionen, Unternehmen und Vereinen in das gefährdete Bauwerk eingeladen, um seinen „Masterplan“ vorzustellen. Absolute Priorität müsse nun die Sanierung des Dachstuhls haben; insgesamt bestehe die Gefahr, dass viele Teile der Kirche unwiederbringlich verloren gingen. Für Propst Hentschel steht fest: „Der Untergang der Moritzkirche wäre ein Riesendrama.“

Hinter dem Projekt steht freilich ein dickes Fragezeichen. Um die Bauschäden zu beseitigen, seien laut Gutachter mindestens 2,1 Millionen Euro nötig. Ein Betrag, den das Bistum allein nicht stemmen kann.

Hoffen auf Engagement

Propst Hentschel setzt darum auf bürgerschaftliches Engagement: Die Moritzkirche sei über die Jahrhunderte schon oft vom Verfall bedroht gewesen. Aber sie sei auch stets eine „Bürgerkirche“ und als Pfarrkirche der Halloren zudem ein identitätsstiftendes Bauwerk gewesen, das schon mehrfach mit bürgerschaftlichem Engagement dann auch wieder gerettet wurde. „Es müsste doch“, sagte Hentschel mit feiner Ironie, „mit dem Teufel zugehen, wenn es uns nicht noch einmal gelänge, diese Kirche zu retten.“

Möglichst noch in diesem Jahr soll sich darum eine Gesellschaft gründen, die sich die Rettung des stadtgeschichtlich und bauhistorisch bedeutenden Gebäudes auf die Fahnen schreibt.

Ein Sanierungsfall war die Moritzkirche übrigens die meiste Zeit seiner Geschichte: Über die Jahrhunderte wurde sie immer wieder repariert und saniert. Teilweise wurden sogar komplette Pfeiler ersetzt.

Die letzte große Sanierung fand in den 1970er Jahren statt; zumindest die Südseite des Dachs wurde erst nach der Wende neu gedeckt, allerdings sei damals „kein optimaler Ziegel“ genommen worden, weiß Kurt Scholtisek.

Figur des Heiligen Mauritius an der Moritzkirche Halle
Figur des Heiligen Mauritius an der Moritzkirche Halle
MZ Lizenz
Gutachter haben die Schäden dokumentiert.
Gutachter haben die Schäden dokumentiert.
Tom Zimmermann Lizenz
Es bröckelt an der Moritzkirche.
Es bröckelt an der Moritzkirche.
Tom Zimmermann Lizenz
Die Kunstwerke in der Kirche sind ebenfalls betroffen.
Die Kunstwerke in der Kirche sind ebenfalls betroffen.
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