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Halle Halle: Ton erzählt mal ohne Sang und Klang

Von DETLEF FÄRBER 04.10.2010, 17:10

HALLE/MZ. - Bei Vernissagen demonstriert die Künstlerin gern mal, dass es für sie auch ganz anders geht. Dann gibt es nämlich bei ihr nicht nur Tongebilde zu sehen, sondern auch Tonfolgen zu hören - und was für welche! "Tonkneter" nennt die Keramikerin fast schon selbstironisch ihr Duo, das dann schön schräg - und fast wie ein klingendes Ausrufezeichen - hinweist auf ihre geknetete Welt, mit der die Berlinerin die Möglichkeiten der bildenden Kunst mit dem Material Ton weitgehend ausleuchtet und nutzt. Wie, das ist derzeit in der halleschen Zeitkunstgalerie zu sehen, wo am Montag die Ausstellung "Attitüden" begann.

Einige dieser Attitüden zeigen noch, aus welchem Stall die Künstlerin kommt. Sie ist nämlich Burg-Absolventin, hat bei Gertraud Möhwald, Heidi Manthey und anderen quasi alles mitgenommen, was es in der in ihrem Fach ja doch führenden halleschen Schule seinerzeit zu lernen gab. So ist etwas vom Stallgeruch der Burg den Plastiken in Ton von Andrea Herrmann noch anzumerken.

Das in Halle fast selbstverständliche Zutrauen zum "ungehobelten" Material zeigen gleich etliche der Figuren. Halb lichtdurchlässig, so wie halb massive Ziegelsteine, sind Figuren wie der "König" oder "Harlekin" höchst gelungene Zeugnisse dessen, was gekneteter Ton zu erzählen und welche Assoziationen er zu wecken vermag. Und fast schon Ton-Gedichte ohne Sang und Klang sind weniger gegenständliche und dennoch ausdrucksstarke Objekte, mit denen die Künstlerin, die nach dem Studium zunächst nach Dresden ging, immer noch ein bisschen in Halle verwurzelt zu sein scheint.

Anders bei ihren Gefäßen und dem, was an der Wand hängt. "Vieles, was ich mache, hat längst nichts mehr mit der Burg zu tun", sagt Andrea Herrmann. Und tatsächlich: Die großen Teller und Schalen illustrieren eigene Wege und zeigen auch die Länge der Strecke, die sie von Halle aus zurückgelegt hat. Zu beachten ist hier vor allem die Glasurmalerei, die das darunter liegende Material stets fast vollständig bedeckt. Nur selten bleibt ein Stück Ton in Farbe und poröser Oberfläche als Kontrast stehen - aber wenn, dann auch gern mal mit Gold nebenan. Diese Malerei ist der Künstlerin besonders wichtig, hat sie aus ihr heraus doch noch ein anderes Gewerk für sich entwickelt. Kostproben davon sind in Form von großformatigen Stoffdrucken in der Zeitkunstgalerie zu besichtigen. Andrea Herrmann hat Bildausschnitte ihrer gemalten Farbglasuren auf verschiedene Weise nachbearbeitet und auf dafür bestens geeignete synthetische Leinwand-Imitationen aufgezogen. In dieser Form korrespondieren diese Bilder auf anderem Untergrund und in Variationen mit ihren "Originalen" auf den Gefäßen und Keramik-Objekten: Ein reizvolles Zusammenspiel, das man kaum sonst so zu sehen kriegt.

Komplettiert wird die Schau durch sehr sehenswerten Schmuck von Heidrun Schäfer. Die Designerin aus dem Oderbruch, die einst in Heiligendamm studiert hat, arbeitet mit edlen Materialien, die sie auch auf sehr unkonventionelle Weise zu verarbeiten weiß. Die Fähigkeit zur unkonventionellen Lösung bei gleichzeitiger künstlerisch-handwerklicher Perfektion ist dann auch so etwas wie der gemeinsame Nenner zwischen den Protagonistinnen dieser wiederum sehr sehenswerten Schau.

Die Ausstellung ist bis zum 5. November in der Galerie in der Kleinen Marktstraße 4 zu sehen. Geöffnet: dienstags bis freitags 11-19 Uhr, samstags 10-15 Uhr.