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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Wer hat das Henkersbeil?

Von HEIDI JÜRGENS 13.05.2011, 16:48
Restauratorin Petra Selbmann zeigt das Beil, das dem halleschen Stadtmuseum gehört. (FOTO: THOMAS MEINICKE)
Restauratorin Petra Selbmann zeigt das Beil, das dem halleschen Stadtmuseum gehört. (FOTO: THOMAS MEINICKE) CARDO

Halle (Saale)/MZ. - Denn der Direktor des Henkersmuseums in Sissach in der Schweiz ist ebenfalls der Meinung, das Beil zu besitzen. "Es ist das Prunkstück meiner Ausstellung", sagt Guido Varesi.

Doch mit Zweien nicht genug. Es gibt noch ein drittes Beil, das mit der Enthauptung in Verbindung gebracht wird. Das soll in Kopenhagen zu sehen sein, sagt Anke Weisbrich. Sie arbeitet im Residenzmuseum Celle und bereitet gerade eine Sonderausstellung zu dem enthaupteten Johann Friedrich Struensee vor. Aber wieso kann es mehr als ein echtes Henkersbeil geben? "Neben Struensee ist ja auch sein Vertrauter Enevald Brandt enthauptet worden", sagt sie. Und es gelte als sicher, dass zwei Henker zugegen gewesen seien. Folglich könne man auch von zwei Beilen ausgehen. Möglich sei sogar, dass jeder Henker nicht nur ein Beil dabei hatte, sondern dass es noch weitere an der Hinrichtungsstätte gegeben habe. "Im Detail ist das nicht bekannt", so Weisbrich.

Auch die Museumschefs aus Halle und Sissach wissen um das Kopenhagener Beil. Schließlich gibt es eine Zeichnung, auf der die Hinrichtung dargestellt ist und auf der zwei derartige Henkers-Instrumente zu sehen sind. Dennoch: "Wir sind nach wie vor fest überzeugt", sagt Ralf Jacob vom Stadtmuseum Halle, "dass wir genau das Beil besitzen, das bei der Hinrichtung zum Einsatz kam." Verbürgt sei, dass der Henker 1769 dieses Amt von seinem Vater übernommen hatte und zu diesem Anlass auch ein neues Beil erhielt - mit Gravur. Verzeichnet sei das Logo des Henkers und die Jahreszahl 1769. Beides findet sich auf dem halleschen Stück. "Man kann davon ausgehen", sagt Jacob, "dass der Henker bei so einem wichtigen Verurteilten nicht irgendein zweifellos vorhandenes anderes Beil genommen hat, sondern sozusagen sein bestes Stück - das eigens für ihn angefertigte Instrument."

Der Schweizer Guido Varesi macht darauf aufmerksam, dass "das Beil, das in Kopenhagen zu sehen ist, optisch zu dem halleschen passt: Es hat an der Klinge noch einen Haken." Den hat seines nicht. Das Beil, das in der Schweiz gezeigt wird, stammt Varesi zufolge aus dem Jahr 1735 und hat ursprünglich dem Vater des Struensee-Henkers gehört. "Zur Amtsübernahme hat dann der Sohn ein neues Beil bekommen. Aber jeder Henker hatte mehrere Beile. Und der Sohn hat den Nachlass des Vaters übernommen." Erworben hat Varesi das Beil ebenfalls auf einer Auktion, und zwar 2004. Im Katalog sei angegeben gewesen, dass damit Struensee ums Leben kam. "Und auch die Zeichnung, die es von diesem öffentlichen Schauspiel gibt, hat mich in diesem Glauben bestärkt", sagt er.

Definitiv könne man wohl nicht mehr herausfinden, sagt Ralf Jacob, mit welchem Beil der Hallenser zweifelsfrei enthauptet wurde. "Eine DNA-Spur ist nach fast 240 Jahren wohl kaum zu erwarten. Und dann müsste man ja auch noch einen direkten Nachfahren haben zum Abgleich", so Jacob.

Das hallesche Beil wurde bei einem Hamburger Auktionshaus erworben. "So etwa 7 000 bis 8 000 D-Mark hat es gekostet", sagt er. Bis 2005 war es in der Ausstellung in der Lerchenfeldstraße zu sehen, künftig soll es seinen Platz in der neuen Dauerausstellung in der Großen Märkerstraße haben. Derzeit wird es in Celle von einer Restauratorin für die dortige Sonderausstellung präpariert, die im Juni eröffnet wird. Mindestens bis zum Jahresende soll die hallesche Leihgabe in Celle zu sehen sein.