Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Rabennest auf Schornstein
KROSIGK/MZ. - Doch ganz ohne Partner reifen solche Blütenträume nicht, meint die Kunstliebhaberin. In ihrem fall sind dasn ihr Mann Thomas Prüfer, der Chef des Landgutes in Krosigk ist, und vor allem der Metallkünstler Harry Kleemann. Das Trio war einerseits inspiriert von der Sachsen-Anhalt-Aktion "Kunst im ländlichen Raum - Ökumenta", an der sich die Gemeinde 2009 erfolgreich beteiligt hat. Andererseits haben Prüfers und Kleemann in den letzten Jahren manches Kultur-Event im Ort auf die Beine gestellt.
Den jüngsten Streich konnte man Freitagvormittag auf dem Gelände des Landgutes erleben - mit einer Taufe. Schwungvoll warf Brigitte Prüfer eine Sektflasche an den Schornstein des Landwirtschaftsbetriebes, den jetzt ein farbenfrohes Kunstwerk ziert - das Rabennest auf einer netzartigen Plattform. In 15 Metern Höhe verschließt das 1,5 Tonnen schwere Stahlkonstrukt die Öffnung des Schornsteins, dessen Inneres verstärkt und mit Beton ausgegossen wurde.
"Der Kranfahrer hat so präzise gearbeitet, dass das Nest gleich beim ersten Versuch richtig obenauf gesessen hat", sagte Thomas Prüfer. Außen ist am Schornstein ein Aufzug angebracht, damit das Kunstwerk geprüft und gewartet werden kann. Brigitte Prüfer konnte nicht anders: "Ich muss es einfach probieren und mit dem Aufzug nach oben fahren." Dieses Vergnügen wird freilich Besuchern des Gutes nicht gewährt - aus Sicherheitsgründen, wie es hieß.
Harry Kleemann, der Schöpfer des Rabennestes (und der Plastik des Raben, die im Ort steht), hat gut drei Monate in einem Gebäude des Landguts an dem Kunstwerk gearbeitet. In seiner Werkstatt in der ehemaligen Kirche des Ortsteiles Kaltenmark wäre das Schmieden und Biegen nicht möglich gewesen, der bunte Riese ist einfach viel zu groß. Die Farben - Grün und Ocker-Rot - hat Brigitte Prüfer ausgesucht.
Gebäude und Schornstein sind Mitte der 80er Jahre nach dem architektonischen Vorbild solcher Landwirtschaftsbauten in der DDR entstanden. Nach der Sanierung und mit dem frischen Farbanstrich in Gelb habe sich sogar Charme offenbart. Der Schornstein war wegen einer modernen Heizung überflüssig geworden. Thomas Prüfer: "Natürlich gab es Stimmen, die für die Abrissbirne waren. Aber andere Leute sagten, das Gut würde dann etwas Wichtiges, Charakteristisches verlieren." Die da meinten, es müsse etwas Unverwechselbares, Besonderes gemacht werden, setzten sich schließlich durch.
Die Fassade der Esse wurde gereinigt. Hässliche, graue Betonstreifen wurden grün angestrichen, passend zum Hellgrün im Rabennest. Und nun hat Krosigk ein weiteres Kunstwerk neben den zahlreichen Metallplastiken auf der Festwiese. Bei der Taufe des Rabennestes am Freitag konnte man auch ein altes Foto der Gutsgebäude samt Schornstein und ein Modell des Rabennestes betrachten.
Die Prüfers sind nicht erst seit der Sanierung des Gutes Kunstliebhaber. Sie holen immer wieder bekannte Maler, Grafiker, Bildhauer und Musiker in die Gemeinde am Petersberg. Einige von ihnen stellten ihre Arbeiten dauerhaft auf Straßen und Plätzen aus. Möglich wurden diese Aktionen sicher auch durch persönliche Bekanntschaften von Brigitte Prüfer, entstanden durch ihre Arbeit in einer halleschen Galerie.
"Es war ein Abenteuer, aber eines mit gutem Ausgang", sagt Brigitte Prüfer. Das liege auch an den jetzt bewilligten Fördermitteln aus den Töpfen der EU und des Landes Sachsen-Anhalt. Darauf habe man durchaus nicht von Anfang an hoffen können, fügt sie hinzu.