Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Ein Jahr nach Japan
höhnstedt/MZ. - In der Vorweihnachtszeit herrscht Stress im Weingut Hoffmann. Das Ehepaar Ulrike und Harry Hoffmann hat gut zu tun. Während erwachsene Besucher einen guten Tropfen bevorzugen, warten die Jüngsten aus der Kita wie jedes Jahr auf Süßigkeiten und Kinderpunsch. Das spendieren die Hoffmanns und bekommen Weihnachtslieder dafür. Ein Moment der Besinnung für Ulrike Hoffmann.
Bei der Frage, welches ihrer Geschenke beim Empfänger den größten Eindruck hinterlassen hat, muss sie nicht lange grübeln. "Dieser Eindruck ist noch ganz frisch, es geht nämlich um das Geschenk für unsere jüngste Tochter Rose Sophie. Und sie wird es Weihnachten 2011 bekommen, also in wenigen Wochen", sagt die Winzerin. Dann verraten wir wohl jetzt diese Überraschung? "Nein. In unserer Familie wird schon lange darüber gesprochen. Wir ermöglichen unserer 15-jährigen Tochter ein Austauschjahr in Japan. Das ist ihr sehnlichster Wunsch."
Sophie ist Gymnasiastin an der Latina in Halle mit einem Leistungsdurchschnitt von 1,0. Eltern und die große Schwester Marie, sind einerseits glücklich über Sophies Weltoffenheit. Das junge Mädchen fühle sich schon als Weltbürgerin. Ihre Neugier, ihre Zuversicht und Aufgeschlossenheit seien es, was die Familie zu diesem ungewöhnlichen Geschenk ermutigt habe, Nesthäkchen Sophie, die in ihrer Freizeit Kickboxen trainiert, wird in Japan zur Schule gehen. Was die Familie positiv empfindet, ist die Ernsthaftigkeit, mit der sich Sophie vorbereitet. "Im Selbststudium und an der Volkshochschule lernt sie Japanisch", sagt die Mutter stolz. Überhaupt seien Sprachen ihre Welt. An der Latina belegt sie Französisch, Englisch, Latein und Spanisch.
"Das ungewöhnliche Geschenk", sagt Ulrike Hoffmann, "kommt aus unseren Herzen." In ihrer eigenen Jugend sei ein Auslandsjahr unmöglich gewesen, deshalb empfindet sie die Freiheit, die junge Leute heute haben, besonders intensiv. Aber sie könne freilich nicht sagen, frei von Ängsten zu sein. Die gehen im März 2012 mit auf Reisen, so Ulrike Hoffmann. Zu nahe seien noch die schlechten Nachrichten aus dem Land der aufgehenden Sonne an der ostasiatischen Küste. Verheerendes Erdbeben, Tsunami und Atomkatastrophe - manchmal sei ihr so bang geworden, sagt die kleine, quirlige Frau. "Wir wissen, dass die Veranstalter verantwortungsbewusst sind. Die Schüler werden mit einem Lehrgang vorbereitet, auch auf das Leben in der Gastfamilie. Sophie könnte da einiges voraus haben, denn in ihrer Schule ist sie mit einigen asiatischen Mädchen befreundet. Sie liebt diese Kultur und freut sich wie verrückt auf das bevorstehende Abenteuer, sagt ihre Mutter. Die älteste Tochter der Hoffmanns, Marie, hat eben ihr Studium in Oenolgie und Weinbau abgeschlossen. Auch sie zieht es erst einmal in die Welt hinaus - nach Argentinien und Kanada. Ihr Argument: Auch dort wird Wein angebaut. Wann die Hoffmanns Marie wieder in ihre Arme schließen können, ist noch offen. Rose Sophie kommt nach einem Jahr wieder nach Hause.