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Halle Halle: Ruine wird Prachtbau

Von HEIDI POHLE 13.09.2010, 18:03

HALLE/MZ. - ruinös, dass es einzustürzen drohte. In dieser Situation wagten sich Kathrin und Dirk Jangel an ein Abenteuer: Sie kauften es von der Halleschen Wohnungsgesellschaft (HWG), nachdem sie ein altes Foto des Jugendstil-Hauses - Baujahr 1904 - samt eiserner Wendeltreppe gesehen hatten. Liebe auf den ersten Blick sozusagen.

Was dann kam, glich jedoch mehr einem Albtraum. Immer neue Probleme tauchten auf, wie Dirk Jangel erzählt. Das Haus habe alle Schäden gehabt, die man sich nur denken kann. Da das Dach jahrelang undicht war, brachen die beiden darunter liegenden Geschoss-Decken ein. Vom Schwamm- und Holzwurmbefall in Mauerwerk und Holz gar nicht zu reden. Selbst die Fundamente im Keller mussten verstärkt werden, weil unter dem Haus ein Sole-Strom verläuft. Das Salzwasser habe auch die Eisenträger angegriffen, erzählt Jangel und zeigt Fotos von der extrem aufwendigen Sanierung, die ein Vielfaches des Kaufpreises verschlungen hat.

Schaut man sich das denkmalgeschützte Kleinod heute an, fällt die Liebe der Besitzer zum Detail auf. Der Giebel ist ebenso neu wie die Fassaden-Verzierungen. Alte Türen und Stuck wurden aufgearbeitet. Auch die schmiedeeiserne Wendeltreppe blieb erhalten. Allerdings verbindet sie nicht mehr die Praxis des Arztes Julius Wiedemann in der ersten Etage mit seiner Wohnung im zweiten Stock. Sie steht vielmehr als Dekoration in der Galerie "Eselsohr", die sich Kathrin Jangel, eine gelernte Dekorateurin, eingerichtet hat. Wie sie erzählt, seien schon etliche ehemalige Patienten und Hausbewohner da gewesen und hätten die Treppe aus der Praxis, die bis 1963 existierte, wiedererkannt. Eingebaut worden ist sie wie eine Zentralheizung in den 1920-er Jahren.

Ursprünglich betrieb der Vater des Arztes, Julius Wiedemann senior, eine Zigarrenhandlung in seinem repräsentativen Haus. Später zog eine Anzeigenannahme, dann eine Bettfedernreinigung in den Laden. Ab 1969 wurden dort von der Deutschen Reichsbahn vor allem Fahrkarten für Reisen nach Westdeutschland verkauft. Und nach der Wende siedelte sich ein Reisebüro an, später ein Imbiss.

In die Schlagzeilen geriet die Schmeerstraße 4 im September 1996. Handwerker fanden im Keller die Leiche eines Mannes, die schon längere Zeit dort versteckt lag. Wahrscheinlich war er nach einem Zechgelage in dem damals bereits leer stehenden Haus ums Leben gekommen.

Während die Fassade nun in neuem Glanz erstrahlt, ist innen noch nicht alles fertig. Derzeit wird das Parkett in einigen der sechs Wohnungen aufgearbeitet. Danach komme das Treppenhaus an die Reihe, so der Hallenser Jangel, der mit seiner Frau die Heizungsbau-Firma Jangel & Klatt betreibt. Das Treppenhaus müsse ebenso noch gemacht werden wie der kleine Hof als Verbindung zwischen Vorder- und Hinterhaus. Mit Glas überdacht, soll er Galerie-Raum werden. "Die Sanierung hat trotz aller Probleme Freude gemacht", sagt Kathrin Jangel. In ihrer Heimat, einem Ort im Mansfeldischen, hat sich das Paar bereits eine alte Wassermühle hergerichtet. Deshalb sei es mit der Saniererei nun genug.