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Halle Halle: Marzipan aus Erbsen

Von CLAUDIA CRODEL 01.10.2010, 19:22

HALLE/MZ. - Blechkuchen in zahllosen Sorten und Torten aller Art - dafür ist das Café Hopfgarten am Franckeplatz seit Generationen bekannt. Mehr als 100 Jahre besteht das Familienunternehmen; der heutige Chef, Jürgen Hopfgarten, erhielt vor 50 Jahren seinen Meisterbrief. "Einfach war es aber wirklich nicht immer", sagte er, als die Handwerkskammer ihm und weiteren 78 Handwerksmeistern jetzt die Goldmeisterurkunde überreichte. Schwierig sei es gewesen, erinnert er sich, als man zum Beispiel zu DDR-Zeiten oft nicht die Zutaten geliefert bekam, die man brauchte.

Dank der Kunden

Er denkt dabei besonders an das Marzipan, das zeitweise nicht aus Mandeln, sondern aus einer Ersatzmasse aus Erbsen hergestellt wurde. Und trotzdem: "Wir haben versucht, immer aus allem das Beste zu machen und die Kunden haben es uns auch gedankt.

Obwohl Jürgen Hopfgarten schon 68 Jahre alt ist, steht er täglich im wahrsten Sinne des Wortes seinen Meister im Betrieb. Ob Cremetorte, Obstkuchen oder kleine bunte Teilchen - im Café Hopfgarten am Franckeplatz wird alles, was verkauft wird, selbst produziert. Und das schon seit 104 Jahren. "Wir sind ein Familienbetrieb mit langer Tradition", erzählt Jürgen Hopfgarten. 1906 gründete Großvater Hermann Hopfgarten eine Konditorei in der Rannischen Straße unweit des Franckeplatzes. Als 1909 das Eckhaus am Franckeplatz gebaut wurde, in dem das Café Hopfgarten noch heute ansässig ist, zog die Konditorei um. Zunächst gab es aber nur ein kleines Ladengeschäft mit Backstube.

1920 kaufte Hermann Hopfgarten das Haus. Dort wollte er das Café einrichten. Doch dann hatte er zunächst mit der Weltwirtschaftskrise zu kämpfen. Es dauerte bis 1928, ehe das Café neben der Konditorei eröffnet werden konnte. Bis heute wurde nur weniges verändert. Die Originalstühle beispielsweise hielten bis Anfang der 1990er Jahre. Kleine Reparaturen wurden von den Hopfgartens zu DDR-Zeiten selbst vorgenommen.

Als Hermann Hopfgarten Ende 1945 starb, kam Sohn Gerhard aus der Kriegsgefangenschaft und übernahm den Betrieb. Seit 1964 ist Enkel Jürgen Inhaber und will das so lange wie möglich bleiben. Seine Devise: "Bei mir geht nur das aus der Konditorstube, was ich selbst mit Appetit essen würde. Und ich bin sehr mäklig." Er ist ein Liebhaber von süßen Speisen. "Ich esse jeden Tag ein Stück Kirsch-Mandel-Torte mit einer halben Portion Schlagsahne.", Auch eine Tasse Kaffee gehört dazu.

Kampf um Privatfirmen-Status

Mit Schrecken denkt der Geschäftsführer an den Kaffee-Mix zu DDR-Zeiten. "Den konnte man eigentlich nicht trinken. Aber wir bekamen nichts anderes geliefert." Und nicht nur das machte den Hopfgartens damals Kopfschmerzen. Ständig musste der Familienbetrieb darum bangen, privat bleiben zu können und nicht zur PGH (Produktionsgenossenschaft des Handwerks) zu kommen.

Dass kürzlich schräg gegenüber eine große Bäckereikette ein Geschäft eröffnete, stört Jürgen Hopfgarten kaum. "Das sind nicht unsere Kunden, die dort kaufen", ist er sich sicher. Einen Umsatzrückgang konnte er jedenfalls nicht verzeichnen. Aber warum setzt sich Jürgen Hopfgarten trotz seines Alters nicht zur Ruhe? Er müsse noch einen Nachfolger finden, sagt er. "Außerdem: Müßiggang liegt mir nicht." Zur Alt- und Goldmeisterfeier Feier im Maritim Hotel war Jürgen Hopfgarten übrigens ohne seine Frau gekommen. "Einer muss ja im Geschäft sein", sagt er.