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Halle Halle: Lützener Gefallene im Labor

Von Katja Pausch 23.03.2012, 14:26

Halle (Saale)/LÜTZEN/MZ. - Es ist ein Sensationsfund: Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie legen bei Lützen erstmalig ein Massengrab mit Gefallenen aus der entscheidenden Schlacht des Dreißigjährigen Krieges vom November 1632, bei der die kaiserlichen Truppen unter dem Oberbefehl Wallensteins den schwedischen Soldaten unter Führung König Gustav Adolf II. gegenüberstanden, frei.

Das war im Herbst vergangenen Jahres. Nun wurden nach mehrmonatigen Vorbereitungen die wissenschaftlichen Untersuchungen des Grabes im Labor des Landesmuseums in Halle begonnen und die Überreste der ersten zwölf Toten freigelegt.

Das in der größten Blockbergung des Landes in einer spektakulären Aktion gehobene Grab misst sechs mal sieben Meter in der Fläche, ist rund 1,50 Meter hoch und wiegt 55 Tonnen. "So ein Grab zu finden, ist nicht leicht", erklärte Museums-Chef Harald Meller am Freitag die Bedeutsamkeit dieses ersten Massengrabes aus dem Dreißigjährigen Krieg vor Pressevertretern aus dem In- und Ausland.

Das Grab, das mit Unterstützung der Mibrag transportiert werden konnte, wurde zuvor in zwei Blöcke geteilt. "Ansonsten hätten wir es gar nicht durch die Tür unseres Labor-Anbaus bekommen", so Meller. Die Gefallenen, deren Zahl Projektleiterin Susanne Friedrich auf "zwischen 75 und 120" schätzt, lägen in zwei oder möglicherweise gar drei Schichten übereinander. "Daher haben wir uns für die aufwendige, aber äußerst aufschlussreiche Blockbergung entschieden", so Friedrich, die die Arbeiten von der Suche des Massengrabes mit Metall-Detektoren bis hin zu den Forschungen im Labor koordiniert.

Ziel der Untersuchungen ist es, Auskunft über Alter, Herkunft, Verwundungen und Todesursachen der Gefallenen von Lützen zu erlangen. Dazu wird Knochen- und Zahnmaterial entnommen und durch Anthropologen untersucht. DNA- und Isotopen-Analyse sollen Aufschluss über die Herkunft der Toten geben, denn nicht nur Schweden und Deutsche kämpften in der Schlacht von Lützen.

Für die wissenschaftliche Forschungsarbeit hat Meller sogar das Bundeskriminalamt eingeschaltet: Ein hochkarätiger Profiler soll als Forensiker über Schussverletzungen und andere Todesursachen Auskunft geben. Zudem wird mit Wissenschaftlern aus Schweden, genauer mit dem Naturhistoriska Riksmuseet in Stockholm, sowie in Bristol und im australischen Adelaide kooperiert. Bei aller wissenschaftlichen Forschung gehe es aber nicht darum, die Toten zum Objekt zu machen, so Museums-Chef Meller. Vielmehr wolle man mit diesem wissenschaftlichen, musealen und archäologischen Projekt, das im Internet öffentlich verfolgt werden kann, einen Beitrag leisten zur Erinnerungskultur in einem geeinten friedlichen Europa, das jahrhundertelang von Kriegen heimgesucht wurde. Insgesamt fanden in der verlustreichsten Schlacht des Dreißigjährigen Krieges zwischen 6 500 und 10 000 Soldaten den Tod, darunter bekanntermaßen auch der Schwedenkönig selbst.

Mit Pinsel und Spatel untersucht am Freitag ein Archäologe einen Schädel aus einem Massengrab im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale). (FOTO: DPA)
Mit Pinsel und Spatel untersucht am Freitag ein Archäologe einen Schädel aus einem Massengrab im Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle (Saale). (FOTO: DPA)
dpa-Zentralbild