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Pistolen und Gewehre In Halle gibt es immer mehr Waffen und Waffenbesitzer 

Rund 900 Hallenser haben Pistolen oder Gewehre zu Hause. Die MZ hat mit einem Sportschützen gesprochen, der gegen eine Verschärfung der Gesetze ist.

Von Jonas Nayda Aktualisiert: 28.03.2023, 11:05
Am Stand von Heckler & Koch ist eine Pistole des Typs P30 ausgestellt. 
Am Stand von Heckler & Koch ist eine Pistole des Typs P30 ausgestellt.  (Foto: Daniel Vogl/dpa)

Halle (Saale)/MZ - Nach den Morden von Hamburg und Bad Lauchstädt wird auf Bundes- und Landesebene über Schusswaffen und schärfere Waffengesetze diskutiert. Doch wie viele Waffen gibt es eigentlich in Halle? Laut Angaben der Waffenbehörde, die bei der Polizei angesiedelt ist, haben sich seit 2017 mehr Hallenser privat Schusswaffen zugelegt.

Die Zahl derjenigen, die genehmigungspflichtige Pistolen oder Gewehre besitzen, ist in den vergangenen sieben Jahren um 22 Prozent gestiegen (siehe Grafik). Damit nahm in Halle auch die Anzahl der Schusswaffen zu. Und es zeigt sich: Jeder hallesche Waffenbesitzer hat im Durchschnitt nicht nur eine – sondern gleich mindestens fünf Waffen.

Die Linksfraktion im Magdeburger Landtag will das Waffenrecht in Frage stellen. Im Fall des Bad Lauchstädter Doppelmordes hätten die Behörden nicht die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt. Künftig sollten Waffenverbote bei Fällen von Bedrohung, Stalking und Tätlichkeiten gelten, fordert die Fraktion. Die CDU sieht das anders. Eine pauschale Verschärfung des Waffenrechts sei nicht angebracht, sagt der Landtagsabgeordnete Siegfried Borgwardt. Morde mit Schusswaffen seien Einzelfälle unter den vielen berechtigten und verantwortungsbewussten Waffenbesitzern, die sich regelkonform verhalten würden.

Entwicklung der Anzahl der Schusswaffen und Schusswaffenbesitzer in Halle
Entwicklung der Anzahl der Schusswaffen und Schusswaffenbesitzer in Halle
(Grafik: MRM Büttner)

Ein Hallenser, der seit fünf Jahren zu den Waffenbesitzern gehört, ist Klaus Hänsel. Der 56-jährige Bauunternehmer und FDP-Stadtrat ist leidenschaftlicher Sportschütze, engagiert sich in einem Verein in Zörbig. „Das Schießen entspannt mich, es ist für mich ein Gegenpol zum beruflichen Stress“, sagt er.

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In einem Safe in seinem Keller liegen Hänsels insgesamt 16 Schusswaffen. Darunter wertvolle Originalnachbauten von Gewehren aus dem 19. Jahrhundert, Schrotflinten und mehrere Revolver. Das „Westernschießen“ ist seine Disziplin. Deshalb hängen neben dem Waffen-Safe auch Lederhut und Gürtel.

Mit Waffen zu hantieren, liege bei vielen Menschen irgendwie auch in den Genen verwurzelt, findet Hänsel. Wenn er sein Hobby ausübe, komme das „innere Kind in mir wieder hoch“. Die öffentliche Debatte um schärfere Waffengesetze findet er absurd. Eine Verschärfung des Waffengesetzes lehnt er ab.

FDP-Stadtrat Klaus Hänsel
FDP-Stadtrat Klaus Hänsel
(Foto: FDP Halle)

Sportschützen gehören laut Hänsel zu den gesetzestreuesten Bürgern, die es in Deutschland überhaupt nur gebe. Schließlich drohe bei jedem Zwist mit dem Gesetz der Verlust der Waffenerlaubnis. Natürlich gebe es immer auch ein paar „Verrückte“, aber mit denen habe man in jeder Sportart zu tun, sagt Hänsel. Wichtig sei, dass die Behörden das existierende Waffenrecht durchsetzten, damit es nicht zu Morden kommen kann, die hätten verhindert werden können. „Ich finde Kontrollen vollkommen in Ordnung. Wir Waffenbesitzer haben nichts zu verbergen.“

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Für den Ernstfall – wenn beispielsweise Einbrecher in sein Haus einsteigen würden – würde er eine Waffe holen, sagt Hänsel. „Zu Hause darf ich das“, sagt er und verweist unter anderem auf das Recht auf Notwehr. Bislang sei es aber noch nie zu so einer Situation gekommen. Sollte es einmal soweit sein, wäre im Übrigen ein Treffer aus jeder seiner 16 Waffen potenziell tödlich. Denn wenn Hänsel schießt, dann mit scharfer Munition. So ist es im Westernschießen üblich.

Die hallesche FDP hatte übrigens jüngst beschlossen, sich für eine Evaluierung der bestehenden Regelungen einzusetzen. Jäger und Sportschützen dürften juristisch und medial nicht unter Generalverdacht gestellt werden, heißt es in einem Beschluss des Kreisparteitags.

Eine besonders „bewaffnete Stadt“ ist Halle aber trotz der Entwicklungen der vergangenen Jahre noch nicht. Laut dem Datenportal Statista leben in ganz Deutschland 946.450 Waffenbesitzer (rund 1,1 Prozent der Bevölkerung). Die 897 Waffenbesitzer aus Halle machen nur rund 0,4 Prozent der Stadtbevölkerung aus.

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Die meisten Waffenbesitzer in Deutschland haben keinen „Waffenschein“, sondern nur eine „Waffenbesitzkarte“. Sie berechtigt nur zum Besitz und zum Kauf von bestimmten Waffen. Benutzen darf man sie dann jedoch nur nach Bedarf im Sportverein oder im Privaten. Auf dem Weg zum Verein muss die Waffe immer fest verschlossen, ungeladen und unzugänglich sein. Nur wer einen vollwertigen Waffenschein hat, darf seine Waffe auch offen tragen.

Die Polizeiinspektion Halle ist als untere Waffenbehörde im Stadtgebiet für die Erteilung waffenrechtlicher Erlaubnisse zuständig. Keine besondere Erlaubnis braucht man beispielsweise für Schreckschusswaffen oder Pfeffersprays.