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Halle Halle: Ein Blickwinkel - zwei Fotos

Von HEIDI POHLE 24.11.2010, 16:30

Halle (Saale)/MZ. - Als Helga Paris zwischen 1983 und 1985 marode Häuser in Halle fotografierte, waren Nicki, Martin, Annika, Benjamin und die anderen jungen Leute aus dem Neustädter Freizeit-Club "Roxy" noch gar nicht geboren. Neugierig, wie Häuser, Straßen und Plätze rund 25 Jahre später aussehen, durchstreiften sie die Stadt. Und stellten ihre Bilder denen der 1938 geborenen Berliner Fotografin gegenüber, die ihre Aufnahmen zu DDR-Zeiten nicht zeigen durfte. Freitag nun ist diese reizvolle Gegenüberstellung in Schwarz-Weiß erstmals zu sehen. Die Schau wird um 16 Uhr im Jugendclub "Roxy", Offenbachstraße 23 (Südpark Neustadt), eröffnet. Und zwar in Anwesenheit von Helga Paris, die eine der bundesweit bekanntesten Fotografinnen ist.

"Wir sind sehr stolz, dass wir mit ihr zusammenarbeiten konnten", erzählt Nicole Seifert, die im "Roxy" als Sozialpädagogin tätig ist. Grundlage sei der Paris-Bildband "Diva in Grau" gewesen: "Dieses Zeitdokument haben wir in der Stadtbibliothek aufgestöbert." Die Jugendlichen suchten sich Aufnahmen aus und fotografierten dann die Häuser aus dem genau gleichen Blickwinkel wie Helga Paris. Daraus entstand der Titel der Ausstellung: "Diva in 2010".

Einfache Digital-Kamera

Zu sehen ist beispielsweise ein Eckhaus in der Beesener Straße. Damals grau und mit bröckelnder Fassade, jetzt saniert. Oder das alte Zollhaus in der Ankerstraße, das sich im Gegensatz zu früher wieder prächtig hergerichtet zeigt. Beide Fotos hat Annika Herzing mit einer einfachen Digital-Kamera gemacht. Für die 21-Jährige war das "mal was ganz Neues und Spannendes". Wobei es gar nicht so einfach gewesen sei, immer die gleiche Perspektive wie Helga Paris zu finden, erzählt die arbeitslose junge Frau, die fast jeden Tag im Jugendclub anzutreffen ist. In Ermangelung eines Stativs diente ihr da schon mal die Schulter von Kevin Pflugradt.

Der 20-Jährige, der eine Ausbildung zum Fachlageristen begonnen hat, machte ebenfalls Bilder, lernte Halle dabei richtig kennen, wie er sagt. Meist laufe man die Straßen entlang, ohne auf die Häuser zu achten. Da entgehe einem oft Erstaunliches, zum Beispiel, wie schön die Stadt geworden ist. Manche Gebäude von früher wie an der Schlossgasse suchte Kevin jedoch vergebens - es gab sie nicht mehr.

Den "Roxy"-Fotografen hat das Projekt Spaß gemacht. "Und zum Abschluss waren wir alle Döner essen", so Sozialpädagogin Nicole Seifert, der aufgefallen ist, dass die Jugendlichen an dem Projekt gewachsen sind. Nicht nur, dass sie nun ganz gut mit der Kamera umgehen können. Sie haben sich zudem intensiv mit ihrer Stadt auseinander gesetzt und auch mit deren Vergangenheit. Dass die Aufnahmen von Helga Paris zu DDR-Zeiten nicht gezeigt werden durften, war für sie nur sehr schwer zu verstehen.

Gästen den Club zeigen

Auch bei den Vorbereitungen zur Ausstellung haben die jungen Leute mitgeholfen. Und kurz vor der Vernissage sind sie ganz schön aufgeregt. Denn da müssen sie ein paar Worte zu ihren Arbeiten sagen, Gäste durch den Club führen, Rede und Antwort stehen - recht ungewohnt für die meisten.

"Durch die ,Diva in 2010' sind die Jugendlichen auch selbstbewusster geworden", so Nicole Seifert. Annika zum Beispiel will nun ganz ernsthaft versuchen, eine Lehrstelle als Köchin zu finden. Und wie die anderen hätte sie durchaus Lust, mal wieder solch ein Projekt in Angriff zu nehmen.