Halle Halle: Bekommt die Singschule Konkurrenz?
Halle (Saale)/MZ. - Paukenschlag im Dauerstreit um den Kinderchor Halle: Unter dem Dach eines gleichnamigen Vereins könnte über kurz oder lang eine neue Singschule in der Saalestadt entstehen. Die Gründungsversammlung soll am 24. August über die Bühne gehen. Hintergrund ist eine Austrittswelle, mit der der bisherige Kinderchor zu kämpfen hat. "Fast 40 der 53 Mädchen und Jungen haben uns verlassen", sagte Marc Beyer, Leiter der von der Jugendwerkstatt "Frohe Zukunft" betriebenen Singschule auf der Silberhöhe. Dort ist auch der bisherige Kinderchor angegliedert, der nur noch aus einem kleinen Rest junger Sängern besteht.
Um die Trägerschaft von Schule und Ensemble gab es mehr als ein halbes Jahr lang heftige, öffentlich geführte Gefechte zwischen dem Förderverein des Chores und der Jugendwerkstatt als Träger. Diesen Dauerstreit hat der Stadtrat im Juni mit einer nicht unumstrittenen Entscheidung beendet.
Ursprünglich wollte der Förderverein des Kinderchors das Ensemble, das gleichnamige Festival und die Singschule in seine Trägerschaft übernehmen. Nachdem diese Versuche gescheitert waren, formierte sich eine ganze Riege stadtbekannter Hallenser, darunter auch Ex-Oberbürgermeister Klaus Rauen. Ihr geplanter Verein "Neue Singschule" trat zunächst ebenfalls mit dem Ziel an, die Trägerschaft von der Stadt zugesprochen zu bekommen. Doch auch dessen Konzept fand im Rathaus keinen Anklang. "Das sehen wir aber nicht als Niederlage. Der Verein wird trotzdem gegründet", sagte Mit-Initiator Wolfgang Fritz. Der Musiker und Pädagoge ist einer der Erfinder Kinderchorfestivals. "Trotz der vielen Abmeldungen ist das Ensemble an der bisherigen Singschule zwar formell noch vorhanden", so Fritz. "Dennoch können wir nicht einfach zusehen, wie eine solche gewachsene Institution den Bach runtergeht. Uns liegen die Kinder am Herzen. Wir wollen als Verein da sein und im entscheidenden Moment eingreifen."
Das könnte schon bald sein. Denn die in der Jugendwerkstatt abgemeldeten Kinder proben mit ihrem inzwischen pensionierten Chorleiter Manfred Wipler, dem Ehemann der offiziellen, aber seit Januar krank gemeldeten Chor-Chefin von Sabine Bauer, in der Kirche Beesen weiter - noch ohne Träger. "Zu einem solchen könnte durchaus der Singschule-Verein werden", meinte Fritz. Darüber und wie der Verein finanziert werden soll, werde aber erst nach der Gründung beraten. "Uns interessiert neben einem funktionierenden Chor auch eine Singschule, die nach den Vorgaben von Bund und Ländern betrieben wird." Fritz zweifelt an der Qualifikation des Personals der bestehenden Singschule in der Silberhöhe. Nach MZ-Informationen haben dort zwei Stimmbildnerinnen gekündigt.
Zugleich ist bekannt geworden, dass die Jugendwerkstatt "Frohe Zukunft" per Ausschreibung einen neuen Leiter für den Kinderchor sucht. "Weil nicht absehbar ist, wann Sabine Bauer zurückkehrt, müssen wir uns um eine Alternative kümmern. Es geht aber nicht darum, Frau Bauers Stelle neu zu besetzen. Sie bleibt angestellt", sagte Singschule-Leiter Beyer. "Kehrt sie zurück, wird die Stelle doppelt besetzt. Anderenfalls ist der Vertrag so angelegt, dass der neue Chorleiter auch zu 100 Prozent einsteigen kann." Beyer meinte aber auch: "Wir müssen einen behutsamen Generationswechsel vorbereiten."
Die Austritte von Chorsängern bedaure er, so Beyer. "Aber wir haben nach dem Stadtratsentscheid zur Trägerschaft in Elternbriefen auch ein Sonderkündigungsrecht angeboten. Die Eltern der abgemeldeten Kinder gehören fast durchweg dem Förderverein des Chors an." Die Jugendwerkstatt hatte zudem angekündigt, den Chor neu aufbauen zu wollen. Eine Gefahr für die Singschule sieht Beyer nicht. In allen Bereichen der Einrichtung, dazu zählt auch der Instrumentalunterricht, seien noch immer weit mehr als 200 Schüler angemeldet.