Halle Halle: Anhalts heimliche Hauptstadt
Halle (Saale)/MZ. - Heimlich und unheimlich liegt oft nahe beieinander. Wenn einer dem anderen unheimlich ist, dann ist es bis zur heimlichen Liebe bekanntlich nicht mehr weit. Genau auf diesem Felde spielt wohl auch das Verhältnis der dieser Tage gefeierten Region Anhalt zu seiner großen Nachbarstadt Halle. Denn von Halle aus ist Anhalt gelegentlich auch ganz offiziell regiert worden. Das ist historisch zwar schon wieder eine Weile her, tut dem Ansehen Halles in Dessau und Umgebung aber nach wie vor nicht gut: Es geht um die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg bis 1952, als Halle Hauptstadt Sachsen-Anhalts war - und anschließend für große Teile Anhalts Bezirkshauptstadt. Bis das nach der Wende Dessau (noch ohne Zwilling Roßlau) kurz mal selber sein durfte, ehe das Landesverwaltungsamt für ganz Sachsen-Anhalt dann nach Halle kam - und blieb.
Derzeit zeigt die Ausstellung "Anhalt sichten" diverse Ansichten auch zu diesem heiklen Verhältnis. Eine große Rolle spielt in dieser Schau Fürst Leopold I. von Anhalt alias der Alte Dessauer. Von dessen Ruhm muss Halle freilich eine ziemlich große Aktie für sich reklamieren. Der bedeutende preußische Feldherr hat nämlich einen beträchtlichen Teil seines Lebens in Halle verbracht, wo er als 19-Jähriger Regimentskommandant wurde.
Freilich war das hallesch-anhaltinische Verhältnis schon damals nicht einfach, weil es zwischen den vom Alten Dessauer kommandierten Soldaten und den halleschen Studenten ständige Raufereien gab. Doch war das nicht das einzige Problem. "Halles Jungfrauen", hört man, hätten auf ihre Art ständig mit den Soldaten angebandelt, was beim preußischen Exerzieren natürlich erheblich gestört haben dürfte. Um das zu unterbinden, soll Leopold I. den Damen seinen nackten Hintern entgegengestreckt haben, damit sie von seinen Recken ablassen. Genützt hat das offenbar wenig - und der anhaltinische Feldherr wurde der Situation in Halle nie völlig Herr.
Anders als es dem Fürsten in Halle auf der Moritzburg erging, ergeht es dort seit vielen Jahren dem Münzschatz seines Landes. Nachdem in der Endzeit der DDR die Devisenbeschaffer der Stasi bereits mit diesem Schatz geliebäugelt hätten, habe Eva Wipplinger es fertiggebracht, ihn in die Moritzburg zu retten, sagt Ulf Dräger, der dort als Chef des Landesmünzkabinetts Wipplingers Nachfolger ist. "Der Münzschatz von Anhalt ist in Halle bestens aufgehoben", schmunzelt er - und verweist auf das Bibelwort: "Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz."
Doch Anhalts Herz ist bisweilen auch in Magdeburg. In der historischen Abstimmung von 1990 habe gerade dieser Umstand Halle den Titel Landeshauptstadt gekostet, meinen viele. Nur gut, dass das ein alter Hallenser namens Leopold nicht mehr erleben musste.
Ausstellung in der Moritzburg. Das Buch "800 Jahre Anhalt ..." aus dem Verlag Stekovics ist unter anderem im Museumsshop erhältlich. Preis: 35 Euro