Gedichte auf Serbisch Gedichte auf Serbisch: Hallescher Autor ist jetzt international unterwegs

Halle (Saale) - Sein Name sieht hier anders aus. Nach kurzer Irritation ist er aber erkennbar: Šinkel mit und Andre ohne Strich oben drüber - kein Problem. Aber Lyrik - und gerade die Lyrik des Dichters André Schinkel, dessen untrennbar ineinander verwobene Bild- und Wortmächtigkeit nun wieder in einer fremden Sprache ertönen und wirken soll: Geht das?
„Od sunaca nam susti starost ...“ Schon ohne Übersetzung, kann man spüren: Schinkel klingt - selbst auf Serbisch. Denn das ist schon die 16. Sprache, in die Literatur des Hallensers übersetzt wurde. „Von der Sonne her raschelt das Alter (uns zu)“, lautet der Originalvers, mit dem Schinkels Fünfzeiler „Begegnung am Morgen“ beginnt. Ein Gedicht, das die Intensität der Sprach- und Dichtkunst-Begegnung jenes Kulturaustauschprojekts deutlich zu machen geeignet ist, das nun in dem Schinkel-Buch „Raj i Demon“ („Das Paradies und der Dämon“) einen eindrucksvollen Ausdruck findet.
André Schinkel ist mit seinem druckfrischen Deutsch-serbischen Sammelband aus Belgrad zurückgekehrt
Kürzlich ist André Schinkel mit seinem druckfrischen Deutsch-serbischen Sammelband in der Tasche aus Belgrad zurückgekehrt, wo der 47-Jährige drei Lesungen hatte - unter anderem bei einem Festival. Zurückgekehrt auch mit der Gewissheit, dass es weitergehen wird im regionalen Kulturaustausch zwischen Sachsen-Anhalt und Serbien wie auch mit anderen Ländern Osteuropas.
Was wohl auch mit einer gewissen Affinität zu tun hat, die hiesigen Autoren auch noch der mittleren Generation eigen ist - in Erinnerungen an die Ostblockzeit und an Schullektionen in der Sprache eines (wenn auch nur des größten) slawischen Volks.
Berührung zwischen hallescher und serbischer Literatur
Auch eine andere Berührung zwischen hallescher und serbischer Literatur hat mit dem Projekt Schinkels, der Mitglied der Akademien der Künste Sachsens und Sachsen-Anhalts ist, zu tun: Marco Dinic, ein aus Serbien stammender Wiener Autor, war der letzte hallesche Stadtschreiber vor dem gegenwärtigen „Amts“-Inhaber Christian Kreis.
Und Schinkel wiederum war einer der Vor-Vorgänger beider, was im Vorjahr dann auch Grund und Anlass für vielerlei intensiven Austausch geboten hat. Freilich hat Schinkel auch ganz eigene Verbindungen in die Länder des einstigen Jugoslawien geknüpft, die nun schon ein Dutzend Jahre zurückgehen und mit der Teilnahme an einem Poesiefestival in Sarajevo begonnen hatten.
„Jetzt die Hand zu rühren hieße, das Universum stürzen.“
Einige Texte in „Das Paradies und der Dämon“ - übersetzt übrigens vom serbischen Dichter Stevan Tontic und durchgehend lateinisch gedruckt - enthalten auch einen Nachhall des Jugoslawienkriegs. Sie lassen die seitherige Anspannung zwischen den Ethnien spüren und mahnen zur Versöhnung - etwa in einem der zerstört gewesenen „Stari Most“-Brücke von Mostar gewidmeten Text.
Und eine geradezu globalen Sorge und Sorgsamkeit schwingt in einem Vers mit, mit dem das Gedicht „Begegnung am Morgen“ beinahe schon endet: „Jetzt die Hand zu rühren hieße, das Universum stürzen.“ (mz)