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Förderschüler Förderschüler: In Halle droht Rechtsstreit um Hort-Betreuung

Von MICHAEL TEMPEL 01.09.2010, 20:24
Blick in einen leeren Klassenraum
Blick in einen leeren Klassenraum dpa

HALLE/MZ. - In Halle ist eine heftigeDiskussion um die Hortbetreuung von Förderschülernausgebrochen. Im Hort "Am Zollrain" von derArbeiterwohlfahrt (Awo) war die Betreuungdes Zweitklässlers Jason Leiser, der eineSprachheilschule besucht, abgelehnt worden.Dagegen hat der Stadtelternrat am Mittwoch scharfprotestiert. Laut Vorsitzendem Thomas Sengererwäge man sogar, eine Klage zu initiieren.

Die Awo hatte die Ablehnung damit begründet,nicht genügend Personal zu haben (die MZ berichtete).Der landesweit geltende Schlüssel, nachdemfür 25 Kinder ein Erzieher zur Verfügung steht,decke den größeren Betreuungsbedarf bei Förderschülernnicht ab.

"Das ist eine Unverschämtheit", meinte Senger.Das Argument mit dem höheren Betreuungsbedarfsei "fadenscheinig". "Ich sehe nicht, wo beiKindern mit Sprachproblemen der höhere Betreuungsbedarfliegen soll", sagte er. Bei Förderschülernmit Verhaltensauffälligkeiten oder mit emotionalenStörungen sei das sicher anders. Aber im Falldes kleinen Jason sei kaum von höherem Personalaufwandauszugehen, so Senger.

Er ermunterte Eltern mit ähnlichen Erfahrungen,sich beim Stadtelternrat zu melden. Diesenwürde man helfen, bei Ablehnung ihrer Kindergegen die Hort-Träger zu klagen. "Der Stadtelternratkann nicht klagen. Aber wir würden gern vorGericht klären lassen, inwiefern bei Förderschülernhöherer Betreuungsbedarf besteht."

Die Awo betreibt in Halle fünf Horte,zwei davon in Neustadt. Awo-GeschäftsführerinSylvia Plättner räumte am Mittwoch ein, dass essich bei der Ablehnung Jasons um eine prinzipielleund keine Einzelfallentscheidung gehandelthabe. Vor Jahren habe man in den NeustädterEinrichtungen Förderschüler aufgenommen, darunterverhaltensauffällige Kinder. Man habe festgestellt,dass deren Betreuung unter üblichen Hort-Bedingungennicht möglich sei. "Wir sind an unsere Grenzengestoßen", so Plättner. So habe man entschieden,keine Förderschüler mehr aufzunehmen.

Plättner kündigte aber an, die bisherige Praxiszu überprüfen. "Wir werden uns damit nochmalsauseinander setzen." Das Schwierigste seiaber für die Awo, ein Kind einzuschätzen,ob dessen Betreuung ohne weiteres möglichsei oder ob zusätzlicher Betreuungs- oderFörderbedarf bestehe. Denkbar sei, so Plättner,sich intensiver mit den Schulen auszutauschen.

In Halle gibt es 30 Horte in Regie freierTräger und fünf Einrichtungen des städtischenKita-Eigenbetriebs. Insgesamt werden dort4683 Kinder betreut. Die Kosten werden vomLand, von der Stadt und von den Eltern getragen.Wie viele Förderschüler darunter sind, dazulagen am Mittwoch keine Angaben vor. Laut KatharinaBrederlow vom Jugendamt kann mit diesem Angebotder Rechtsanspruch auf eine Hortbetreuunggenerell abgedeckt werden - auch der der Förderschüler.Sie meinte aber auch, dass es bei verhaltensauffälligenKindern personell eng werde. Brederlow schätzt,dass dann eigentlich ein Erzieher maximalzehn Kinder betreuen dürfe. Im Fall von Jasonbot sie der Familie an, mit der Awo nach einerLösung zu suchen. "Wir würden auch nochmalsam Hort am Zollrain schauen, was möglich ist."

Laut Holger Paech, Sprecher im Sozialministerium,könne ein möglicher Betreuungs-Mehrbedarfim Hort sehr wohl abgedeckt werden. Die Elternmüssten beim örtlichen Jugendamt eine höherefinanzielle Unterstützung beantragen. "DasGeld wird dann den Hort-Trägern zur Verfügunggestellt, um den höheren Personalbedarf zudecken", sagte Paech. Das Land werde den Betreuungsschlüsselnicht ändern.

Laut Brederlow müsse dieser Mehrbedarf vonder Stadt finanziert werden. "Wir sind aberin der Haushaltskonsolidierung, wo wir derartigeLeistungen nicht bezahlen können." Wenn esbislang vereinzelt Probleme in der Hortbetreuunggegeben habe, habe man stets andere Lösungengefunden.

Der Stadtelternrat ist unter0345/52166970 erreichbar.