1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Ernst Werner Schulze: Ernst Werner Schulze: Künstler im Zwiegespräch mit sich selbst

Ernst Werner Schulze Ernst Werner Schulze: Künstler im Zwiegespräch mit sich selbst

Von Detlef Färber 17.03.2002, 19:05

Saalkreis/MZ. - Wo in Halle Kunst gezeigt wird, kann "EWS" nicht weit sein. EWS? - Das fast schon zum Pseudonym gewordene Kürzel von Ernst Werner Schulze könnte auch "Er wird sprechen" bedeuten. Hält der promovierte Künstler und einstige Burg-Dozent doch die meisten der bei hiesigen Ausstellungseröffnungen fälligen Reden. Überdies moderiert er mit dem "Kunstphilosophischen Gespräch" in der Steintor-Galerie sogar eine eigene Reihe.

Am Samstag in Gutenberg konnte Schulze das Reden anderen überlassen. Cornelia Böhmes Saalkreis-Galerie hatte im Vorfeld seines 75. Geburtstags, den er am 24. April feiert, eine Ausstellung "Lebenswerke" initiiert und Professor Dieter Lübbe als Referenten eingeladen. Der entledigte sich seiner Aufgabe auf ungewöhnlich witzige Weise mit einer 15-minütigen, lückenlos gereimten Laudatio.

Erst dann kam Schulze zu Wort - als Künstler diesmal. Für die über 100 Besucher der Vernissage hieß es fast schon Schlange stehen vor den einzelnen Arbeiten. Vor allem die Landschaften in Pastell-Kreide fanden Anklang. Der spröde Reiz der Natur um Saale und Unstrut wird hier - meist eingefangen mit wenigen Strichen und Farben - intensiv erlebbar. Gleiches gelingt dem einstigen Lehrer für Naturstudien bei seinen Ostsee-Ansichten von Rügen und Ahrenshoop. "Zwiegespräche mit sich selbst" seien seine Bilder, sagt Schulze. Den schönsten, in Gutenberg zu sehen, kann man auch ein inniges Zwiegespräch mit der Natur ablauschen.

Sehr im Kontrast dazu stehen jene Werke, mit denen Schulze das Gespräch nicht nur mit dem Betrachter, sondern auch mit den ihn umgebenden Verhältnissen sucht. Hier muss die verinnerlichende Sichtweise des Künstlers zurücktreten hinter ein fast schon missionarisches Ausdrucksverlangen. Wo andere Zeichner und Collagisten den Betrachter mit ihren Ohne-Titel-Bildern mitunter im Dunkel tappen lassen, geht mit EWS bei langen Kommentaren immer mal wieder der Redner durch. Bei seinen politischen Zeichnungen liebt er das sehr Plakative. Manches, was da zu sehen ist, wirkt wie eine grafisch bestückte Wandzeitung. Teilweise auch mit postumem Zorn widmet sich Schulze dem "gewöhnlichen Stalinismus", bedient sich dabei in Wort und Bild aber just der damals gängigen Ausdrucksformen. Solcher Sarkasmus mittels umgekehrter Vorzeichen wirkt - zumindest als Kunst - heute fast befremdlich.

Weil eine Schau "Lebenswerke" auch ganz weit zurückgreifen muss, ist in Gutenberg sogar eine frühe Studenten-Arbeit Schulzes zu sehen: ein eindrucksvoller Holzschnitt "Meine kranke Mutter". Eine weitere Geburtstags-Ausstellung für EWS findet übrigens im April in der "Kommode"-Galerie des neuen theaters statt.

Die Schau ist bis 28. April samstags und sonntags - jeweils 15 bis 20 Uhr - zu sehen.