Entschädigung für Stasi-Opfer Entschädigung für Stasi-Opfer: 90 Minuten Hungerstreik vor Landesverwaltungsamt Halle (Saale)

Halle (Saale) - So viel Aufregung erleben die Mitarbeiter im sonst eher ruhigen Landesverwaltungsamt nicht alle Tage. Vor der Außenstelle in der Maxim-Gorki-Straße haben sich am Mittwochvormittag zwei Männer in einen Hungerstreik begeben, um die schnellere Bearbeitung eines Antrags zu erzwingen. Mit Pappschildern bewaffnet saßen sie auf den Stufen des Verwaltungsgebäudes und ließen sich nicht dazu bewegen, aus dem Regen ins trockene Innere zu kommen. Die beiden mussten ihre Aktion aber nach etwa eineinhalb Stunden unerwartet abbrechen.
Initiator des Hungerstreiks war der Querfurter Gerd Diez. Der 60-Jährige saß nach eigenen Angaben zwischen 1987 und 1989 wegen eines Fluchtversuchs in verschiedenen Gefängnissen der DDR. Auch in der halleschen JVA, dem Roten Ochsen, habe er einen Teil seiner Haftzeit verbüßt. Für das Unrecht bekommt er bereits eine monatliche Opfer-Rente, doch auch eine Art Schmerzensgeld steht ihm seiner Meinung nach zu, weil er in der Haft von Wärtern misshandelt worden sei.
Protestler: Mit Gummiknüppeln habe man ihm auf die Knie geschlagen und ihn an Gitter angekettet
Mit Gummiknüppeln habe man ihm auf die Knie geschlagen und ihn an Gitter angekettet, weshalb er heute im Rollstuhl sitze und keine engen Räume mehr betreten könne. Für diese Folgen beantragte er eine entsprechende Entschädigung - über die bis heute nicht entschieden wurde.
„Ich habe das vor anderthalb Jahren beantragt. Im August sollte das eigentlich fertig sein“, schimpfte er am Mittwoch. „Doch ständig höre ich nur Ausreden. Akten seien verschwunden.“ Deshalb habe er mit einem Freund beschlossen, so lange vor dem Landesverwaltungsamt zu hungern, bis es eine Entscheidung gibt. Zunächst zeigten die beiden auch Schilder, auf denen ein Zusammenhang zwischen Hilfe für Flüchtlinge und angeblich fehlender Hilfe für Stasi-Opfer konstruiert wurde. Dieser Vorwurf erschien den beiden Männern aber wohl bald absurd, so dass sie ihre Schilder nicht mehr zeigten.
Gegen Mittag beendeten gesundheitliche Probleme den Streik in Halle
Gegen Mittag beendeten gesundheitliche Probleme den Streik. Zunächst erlitt der Bekannte des Stasi-Opfers einen epileptischen Anfall. Er wurde mit einem Rettungswagen in ein Krankenhaus gebracht. Gerd Diez, der zuckerkrank ist, beendete seinen Streik wenig später, weil eine Unterzuckerung drohte.
Dabei wäre die Aktion wohl gar nicht nötig gewesen. Wie Ute Gel-haar vom Landesversorgungsamt sagte, sei die Bearbeitung des Antrags schon sehr weit fortgeschritten - auch ohne Streik. „Er kriegt in Kürze Bescheid, ich würde sagen Mitte März“, sagte sie. Dass in der Behörde Fehler passiert seien, schließt sie aus. „Die Akte lag nie herum. Das ist alles im Rahmen.“ Zudem sei der Antrag auch erst im März 2016 eingegangen, nicht vor anderthalb Jahren, wie Diez sagte.
Die Aktenbearbeitung sei normal gelaufen. Das Amt müsse zusammen mit einem Amtsarzt prüfen, ob die gesundheitlichen Beschwerden tatsächlich auf die Haft zurückzuführen seien. Ob eine Bearbeitungszeit von einem Jahr lang ist, sagte Gelhaar nicht. Dass Gerd Diez zu solchen Mitteln greift, finde sie schade, schließlich sei er telefonisch immer über den aktuellen Stand informiert worden. (mz)