Reinicke und Andag Einzelhandel in Halle: Reinicke und Andag - am Anfang stand der Handwagen
Halle - Ganz am Anfang stand ein Handwagen. Urgroßvater Hermann Reinicke begann um das Jahr 1887 in der halleschen Brüderstraße gemeinsam mit seinem Geschäftspartner, dem Polsterer Friedrich Andag, eine Tischlerei aufzubauen. Auch Handwagen verlieh der gelernte Tischler, dem im Laufe des folgenden Jahrhunderts drei weitere Generationen folgen sollten. In diesem Monat nun feiert das bei den Hallensern bekannte Möbel-Unternehmen Reinicke und Andag sein 115. Firmenjubiläum.
Damals, in der Brüderstraße, bauten Reinickes noch Kleinmöbel sowie Gestelle für Polstermöbel. Doch schnell erkannte Reinicke sen., dass er doch, einmal beim Tischlern, auch gleich selbst Polstermöbel herstellen könne - die Möbelproduktion war aus der Taufe gehoben. Wechselte die Firma auch mehrfach ihren Standort - nach der Brüderstraße folgten das heutige Thalia-Gelände, Leipziger Straße und Markt - blieb doch die Firmenphilosophie bis heute gleich: Das Besondere für jeden Kunden möglich machen.
Seit Reinicke und Andag ihren auch heute noch bekannten Firmensitz am Markt - dem einstigen Hotel "Stadt Zürich" - haben, erlebte die Tischlerei einen unaufhaltsamen Aufschwung. "Dieser war meinem Großvater geschuldet", so Klaus-Peter Reinicke, Urenkel des Firmengründers und heutiger Geschäftsführer. Hans Reinicke, der 1924 die Möbeltischlerei übernommen hatte, ließ einen Teil des Hotelbaus, zu dem noch ein Pferde-Ausspann gehörte, abreißen und ersetzte ihn durch einen Neubau. Großvater Hans war als Kaufmann und Architekt unter anderem in Dessau bei der Firma Rosenthal tätig - aus der das berühmte Bauhaus hervorging.
Hans Reinicke führte das Unternehmen durch die Zeiten des Krieges ebenso wie durch die Nachkriegszeit. 120 Angestellte waren damals mit der Möbelproduktion beschäftigt. "Vor allem in der Nachkriegszeit haben wir alles hergestellt, was andere nicht mehr gemacht haben", so Reinicke junior.
Die Universität, die chemischen Werke Buna und Leuna sowie Agfa Wolfen waren Großkunden bei Reinicke und Andag. So wurden Laboreinrichtungen gebaut oder kilometerlange Regalwände für Universitätsbauten wie das Löwengebäude zum Beispiel. Bis 1968 führte Hans Reinicke die Firma.
Nachfolger wurde nach dem Tod des Großvaters Hans Eberhard Reinicke, Vater des jetzigen Chefs. Die berufliche Kombination von Tischler und Kaufmann schien sich auch in der dritten Generation zu bewähren - Reinicke und Andag überstand auch die Zeiten der volkseigenen Wirtschaft - ohne Preisgabe der Selbstständigkeit. "Allerdings mussten wir Anfang der 80er die Möbelproduktion aufgeben", erinnert sich Klaus-Peter Reinicke, der 1966 in die Firma einstieg. Von 1978 bis 1981 fungierte er als Produktionsleiter, bis zu deren Einstellung. Seit 1986 hat er, ebenfalls Tischler und Kaufmann, die Leitung inne.
Nach der Wende nun hat der 54-jährige Inhaber die Verkaufsflächen großzügig erweitert: Auf rund 2200 Quadratmetern bietet Reinicke Möbel und Polstermöbel an. "Künftig wollen wir verstärkt Wohn-Accessoirs im Angebot haben." Dazu gehörten passende Stoffe, aber auch Farbempfehlungen zur Einrichtung. Auch weiterhin sollen Kundenwünsche erfüllt werden - getreu dem Firmenmotto, Unmögliches möglich zu machen. (mz)