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Einsatz für Sportler mit Behinderung Einsatz für Sportler mit Behinderung: "Vereine sollten offener sein"

Von Tanja Goldbecher 24.08.2019, 13:00
Andrea Holz, die Geschäftsführerin des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands, ist oft sportlich unterwegs.
Andrea Holz, die Geschäftsführerin des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands, ist oft sportlich unterwegs. Silvio Kison

Halle (Saale) - Es gibt Ereignisse im Leben, die alles verändern. Andrea Holz erlebte einen solchen Moment vor über 30 Jahren. Damals war ein guter Freund von ihr ein begabter Turner in der Gruppe „Fliegende Säcke“. Die Sportler unterhielten die Zuschauer ähnlich wie Zirkusartisten mit Saltos und einer Show. Nach einem Sprung landete der junge Mann auf der Kante eines Kastens und wurde schwer verletzt. Bis heute ist er querschnittsgelähmt. Holz widmet seitdem einen Teil ihres Lebens dem Behindertensport. Dafür hat sie nun das Bundesverdienstkreuz erhalten.

„Ich wollte erreichen, dass Menschen mit oder ohne Handicap gemeinsam Sport treiben können und gemeinsam den Spaß an der Bewegung erleben“, sagt die 55-jährige Hallenserin. Nach ihrem Sportstudium organisierte sie 1989 zum ersten Mal die „Landessportspiele für Behinderte und ihre Freunde“.

„Die Vereine sollten offener dafür werden, Sportler mit Behinderungen stärker zu integrieren“

Die Idee dahinter war zwar recht simpel, aber dennoch einzigartig: Jeweils ein Sportler mit einer Behinderung und einer ohne Einschränkung bildeten ein Wettkampfteam. Das Konzept ging auf. „Ich konnte beobachten, wie die Berührungsängste in den Paaren am Ende des Tage abgebaut waren“, sagt Holz. Beide Seiten konnten sich nicht nur sportlich steigern, sondern auch ihre soziale Kompetenz erhöhen. Am 31. August werden die Landessportspiele nun zum 30. Mal ausgetragen. Dieses Jahr finden die Wettkämpfe in der Brandberge-Sporthalle am Kreuzvorwerk statt.

Rund 200 Schüler der Berufsschule für Gesundheit, Körperpflege und Sozialpädagogik stellen einen Teampartner. Zudem erstellt das Elisabeth-Gymnasium zwei Schülerzeitungen über das Projekt – auch diese begleitende Berichterstattung von Schülern hat sich in den vergangenen Jahren als fester Bestandteil der Landessportspiele etabliert. Holz wünscht sich, dass solche Sportaktionen irgendwann mehr Alltag als Ausnahmen in Sachsen-Anhalt sind. „Die Vereine sollten offener dafür werden, Sportler mit Behinderungen stärker zu integrieren“, sagt sie.

Rund 28.000 Mitglieder hat der Rehabilitationsverband aktuell

Die Landessportspiele sind nur ein kleiner Teil von dem, was die Hallenserin in den vergangenen drei Jahrzehnten auf die Beine gestellt hat. In dem roten Backsteingebäude am Steintor befindet sich die Geschäftsstelle des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbands Sachsen-Anhalt (BSSA). Holz hat den Verband 1990 gegründet. Am Anfang waren es etwa 20 Vereine, die sich dem Verband angeschlossen haben.

Mittlerweile ist die Anzahl auf 200 angewachsen. Rund 28.000 Mitglieder hat der Verband aktuell. Darunter befinden sich Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen. Durch den großen Rehasportbereich, den Bürger zum Teil nur für einen bestimmten Zeitraum in Anspruch nehmen, liegt die Anzahl der aktiven Sportler bei durchschnittlich 40.000.

„Ohne mein Team hätte ich das alles nicht aufbauen können“

Holz steht als Geschäftsführerin an der Spitze des Verbands, vor ein paar Jahren hatte sie bereits die Bundesverdienstmedaille erhalten. „Ohne mein Team hätte ich das alles nicht aufbauen können“, sagt sie. Das Bundesverdienstkreuz nehme sie stellvertretend für alle Unterstützer entgegen.

Tatsächlich würdigen aber auch die Verbandsmitglieder das Engagement der Geschäftsführerin. „Wir sehen in dieser Ehrung eine wahrlich verdiente Anerkennung deines Schaffens“, schreibt der Bitterfelder Schwimmverein 1990 zum Beispiel in einem persönlichen Brief. In kaum einem anderen Verband sei so viel Verbundenheit zu den Mitgliedsvereinen zu beobachten wie im BSSA.

Holz spornt die Anerkennung an, sich weiterhin für den Behinderten- und Rehasport zu engagieren. Sie sucht zum Beispiel nach zusätzlichen Sporttrainern – aber auch nach Ärzten, die bestimmte Kurse betreuen. Und sie will auch selbst durch ausgedehnte Radtouren in ganz Europa, Yoga und Schwimmen fit bleiben. „Im Alltag gibt es große Herausforderungen, für die wir uns damit besser wappnen können“, fügt sie hinzu. (mz)