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Bürgerpreis „Der Esel, der auf Rosen geht“ Ehrenamtliche Arbeit: Damit jeder Mensch zum Arzt kann

Das Medinetz Halle hilft denjenigen, die keine Krankenversicherung haben, und setzt sich für die Gesundheitsversorgung aller ein. Nun ist der Verein für den Esel-Publikumspreis nominiert.

Von Isabell Sparfeld 01.06.2025, 10:00
Das Medinetz Halle ist für den Esel-Publikumspreis 2025 nominiert.
Das Medinetz Halle ist für den Esel-Publikumspreis 2025 nominiert. (Foto: Isabell Sparfeld)

Halle (Saale)/MZ. - Alle Menschen in Deutschland sollten eine Krankenversicherung haben. Dazu ist jeder verpflichtet. Doch was machen diejenigen, die aus verschiedenen Gründen nicht versichert sind, aber ärztliche Hilfe brauchen? In Halle und bundesweit einigen weiteren Städten können sie sich an das Medinetz wenden.

In der Saalestadt engagieren sich seit 2013 Ehrenamtliche, um jedem Menschen medizinische Versorgung zu ermöglichen – unabhängig von Herkunft, Einkommen und rechtlichem Status. Nun ist Medinetz für den Publikumspreis des Bürgerpreises „Der Esel, der auf Rosen geht“ nominiert.

Vielfältige Gründe für fehlende Krankenversicherung

Ohne Krankenversicherung dazustehen, „das geht schneller als viele Menschen wahrhaben wollen“, sagt Paula Voigt. Sie ist eines der derzeit zehn aktiven Mitglieder des halleschen Medinetz. Die Gründe dafür seien vielfältig. Es komme vor, dass jemand aus der privaten Versicherung fliegt, weil er die Beiträge nicht mehr zahlen kann. Das passiere etwa bei Selbstständigen. In manchen Fällen lassen es die psychische Gesundheit oder andere Hürden nicht zu, dass man mit der Bürokratie bei Wechsel der Kasse zurechtkommt. Auch ein fehlender Aufenthaltstitel könne ein Problem darstellen.

Wer einmal aus dem System raus ist, stehe oft mit Ängsten vor behördlichen Strafen und enormen medizinischen Rechnungen da. „Wenn Menschen keine Krankenversicherung haben, gehen sie oft viel zu spät zum Arzt. Und das wird dann oft sehr teuer.“

Kooperation von Medinetz mit Ärzten und Apotheken

Rund 80 bis 100 Personen nehmen jedes Jahr in Halle das Angebot von Medinetz wahr. Sie können mittwochs zwischen 16 und 19 Uhr zur Sprechstunde in die Merseburger Straße kommen. Dann prüfen die Ehrenamtlichen, ob der Betroffene vielleicht doch einen Zugang zum Gesundheitssystem hat und versuchen, einen Kostenträger zu finden. Das sei durch Spenden und Kooperationen mit Ärzten und Apotheken möglich, erklärt Voigt. „Wir versuchen, die Versorgung der Menschen sicherzustellen.“

Die Fälle seien oft akut. Von Knochenbrüchen über Augenprobleme bis zu Schwangerschaften würden sie diverse Behandlungen begleiten. „Man braucht keine medizinische Vorbildung, um sich bei uns zu engagieren“, denn Medinetz übernehme vor allem die Vermittlung und gehe gegebenenfalls mit zu Terminen. Ungefähr 20 Ärzte würden derzeit mit dem Verein kooperieren. Der Verein suche stets weitere Ärzte, die mit ihm zusammenarbeiten. Das stelle auch für die Mediziner, die das zum Teil kostenfrei machen, eine zusätzliche Belastung dar. „Umso dankbarer sind wir für die Zusammenarbeit.“

Vandalismus: Politische Arbeit und Einsatz von Medinetz gefällt nicht jedem

Parallel dazu setzen sich die 35 Medinetze deutschlandweit politisch für eine flächendeckende Gesundheitsversorgung ein. „Wir wollen uns durch unsere politische Arbeit überflüssig machen“, erklärt Voigt, die seit anderthalb Jahren Teil des Teams in Halle ist. So würden sie sich für einen anonymen Behandlungsschein einsetzen, mit dem jeder kostenlos zum Arzt kann. Ihr Ziel sei, unbürokratische und anonyme Gesundheitsversorgung für jeden.

Der Einsatz von Medinetz gefällt jedoch scheinbar nicht allen. Im vergangenen Jahr sei ein Fenster der Räumlichkeiten des Vereins eingeschlagen worden. Für den oder die Täter findet Voigt dennoch versöhnliche Worte: „Ich wünsche diesen Menschen, dass sie nicht durch das Raster fallen und dann auf unsere Arbeit angewiesen sind.“ Insgesamt bringe Medinetz vor allem Menschen zusammen. „Wir haben ein sehr schönes, respektvolles Miteinander, wie ich es mir für Halle als Stadt wünsche.“