"Das hat kein Mensch verdient" "Das hat kein Mensch verdient": Angehörige sorgen sich um Heimbewohner in Halle

Halle (Saale) - Es bricht ihr das Herz, wenn ihre Oma ihr sage, sie sei so einsam, erklärt Nicole Wend. Ihre Großmutter lebt im Senioren-Service-Zentrum Böllberg in Halle. Seit dem 2. November steht die Pflegeeinrichtung der Volkssolidarität aufgrund mehrerer positiv auf Corona getesteter Bewohner unter Quarantäne.
Ziel: nicht infizierten Bewohner und Mitarbeiter zu schützen und pflegerische Versorgung abzusichern
Vom städtischen Gesundheitsamt sei diese nun bis zum 30. November verlängert worden, teilt die Volkssolidarität auf MZ-Nachfrage mit. Die Quarantäne gelte zudem für die ganze Einrichtung und somit für alle Bewohner, da in jedem Wohnbereich positiv getestete Bewohner leben.
Das erklärte Ziel ist, die nicht infizierten Bewohner und Mitarbeiter zu schützen und die pflegerische Versorgung abzusichern. Zu den Quarantäne-Bedingungen zählt es laut Auskunft der Volkssolidarität, „Kontakt zwischen Bewohnern im Haus zu vermeiden und die Versorgung der Bewohner ausschließlich auf den Bewohnerzimmern vorzunehmen“. Zudem gelte ein generelles Besuchsverbot.
Fehlende Bewegung: Angehörige sorgen sich um Heimbewohner
„Natürlich verstehe ich das“, sagt Nicole Wend zu den Maßnahmen, die die weitere Ausbreitung des Coronavirus verhindern sollen. Doch sie fragt zugleich: „Wie lange soll das so weiter gehen?“ Sie befürchtet, dass auf vier Wochen weitere zwei Wochen Quarantäne folgen. Obwohl Nicole Wend den Pflegekräften attestiert, dass die ihr Bestes tun, so beklagt sie doch die fehlende Bewegung, spricht vom Eingesperrtsein ihrer Oma in einem Zwölf-Quadratmeter-Zimmer.
Dazu erklärt Jenny Herzing, Vorstandsvorsitzende der Stiftung der Volkssolidarität in Halle: „Die Bewohner haben die Möglichkeit, sich auf ihrem eigenen Wohnbereich zu bewegen und auf der Terrasse frische Luft zu schnappen.“ Auch versuchten die Mitarbeiter sie einzeln für Bewegung zu aktivieren, wenngleich das durch die angespannte Personalsituation nur eingeschränkt stattfinden könne.
Schutz oder Einsamkeit: Persönlicher Kontakt über Fenster oder Telefon reicht nicht aus
Zugleich könnten Angehörige die Bewohner über das Zimmertelefon anrufen. „Ebenso bieten wir die Möglichkeit, über das offene Fenster den persönlichen und sozialen Kontakt herzustellen“, teilt die Volkssolidarität mit. Mit dem Gesundheitsamt würden zudem weitere Möglichkeiten der Kontaktaufnahme geprüft.
Darauf hofft Nicole Wend. Was bleibt, ist ihre Angst, dass ihre 90-jährige Oma vereinsamt. Dagegen helfen aus ihrer Sicht auch kaum die täglichen Anrufe. Zum Lebensende die meiste Zeit allein auf dem Zimmer, „das hat kein Mensch verdient“, sagt die Enkelin. Auch Jenny Herzing hofft, dass durch Eindämmung des Virus, „die Bewohner ihre Angehörigen wieder treffen können“. (mz)