Das Geheimnis der Bohnen Das Geheimnis der Bohnen: Hallesche Rösterei gewinnt einen Preis für besonderen Kaffee

Halle (Saale) - Ob dieser Plan funktionieren kann? Eine Kaffeerösterei in Halle zu eröffnen, einer Stadt, in der gehobene Restaurants mit Namen wie „Mahns Chateau“ und „Grüne Remise“ Fastfood-Imbissen weichen, weil viele Hallenser nicht bereit sind, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben? Mit dem Café in ein lange leerstehendes Ladenlokal neben einem Parkhaus zu ziehen, am Hansering, wo es sonst überhaupt keine Gastronomie gibt? Zweifler gab es einige, als sich Matthias Roy und sein Sohn Matthieu im Sommer 2019 ihren Traum gegenüber des Landgerichts erfüllten und ihre „Kaffeerösterei Roy“ eröffneten.
Rösterei aus Halle feiert Erfolg: „Kulinarischer Stern“
Die Vorbehalte interessierten die beiden nicht die Bohne, um die sich bei ihnen alles dreht. Und nun, ein Jahr nach der Eröffnung zeigt sich, dass Vater und Sohn alles richtig gemacht haben: Die Zahl der Angestellten wuchs auf acht und für eine spezielle Sorte Kaffee haben die Baristas jetzt einen Preis der Agrarmarketinggesellschaft mbH (AMG ) gewonnen - den „Kulinarischen Stern“.
„Es war ein turbulentes Jahr, mit einer gerade erst eröffneten Kaffeerösterei und der Corona-Pandemie“, sagt Matthieu Roy. Trotzdem kann er sich an den ersten Kunden im August 2019 noch genau erinnern. „Das war ein Mann, der einen Americano bestellt hat, so selbstverständlich, als seien wir schon immer da. Heute haben wir tatsächlich viele Stammkunden“, sagt der 26-Jährige.
Rösterei kommt bei Hallensern gut an
„Wir waren damals skeptisch, ob die Hallenser uns gegenüber offen sind und haben eher klein ohne Werbung eröffnet. Aber schon in der ersten Woche waren wir mit dem Umsatz überlebensfähig.“ Doch der Erfolg stellt die beiden Jungunternehmer auch vor ein Problem. Im aufkommenden Weihnachtsgeschäft im November wächst ihnen die Arbeit fast über den Kopf.
„Zur Stoßzeit um 16 Uhr kam es zu längeren Wartezeiten“, sagt Matthieu Roy. So stellten sie schon drei Monate nach Eröffnung ihre ersten zwei Angestellten ein. Corona stellte den Betrieb völlig auf den Kopf. Eigentlich hatten sich der BWL-Student und sein Vater, der zahlreiche Kaffee- und Röst-Seminare besucht hat, darauf geeinigt, niemals Kaffee to go zu verkaufen.
Rösterei hat Preis für besonderen „Marcala-Kaffee“ erhalten
Der Genuss, das Zeitnehmen für Sorten, die es so nur hier gibt, sollte im Vordergrund stehen. „Aber ich habe dann meinen Vater überredet, dass wir doch außer Haus verkaufen müssen. Außerdem habe ich Bohnen mit dem Fahrrad ausgefahren“, sagt Matthieu Roy. So überstanden sie die Krise und konnten weitere Mitarbeiter einstellen - acht insgesamt. Die Verleihung des Kulinarischen Sterns ist Beweis ihrer Erfolgsgeschichte.
Erhalten haben sie ihn für ihren „Marcala-Kaffee“, der in Honduras angebaut wird. Das Besondere: Vom Pflanzen über die Ernte bis zur Verarbeitung sind Frauen für den Anbau verantwortlich, was im patriarchalisch geprägten Lateinamerika nicht von allen Männern gerne gesehen wird.
Geschäftsreise nach Mittelamerika für besondere Bohnen
„Die Frauen werden gegängelt, etwa in dem die Männer ihnen Zugang zur einzigen Kaffee-Waschanlage in der Region verwehren wollten“, erzählt Matthieu Roy. Für ihn gerade ein Grund, ihn von Anfang an in Halle zu rösten, zu brühen und zu verkaufen. „Wir werden oft auf die Auszeichnung angesprochen“, sagt er.
Im kommenden Jahr wollen Matthieu Roy und sein Vater sich den Anbau der nussig-schokoladig schmeckenden Bohne mit leichter Zitrusnote selbst in Mittelamerika ansehen. (mz)
