1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Corona und Halles Nahverkehr: Corona und Halles Nahverkehr: Wie groß ist die Infektionsgefahr in Bussen und Bahnen?

Corona und Halles Nahverkehr Corona und Halles Nahverkehr: Wie groß ist die Infektionsgefahr in Bussen und Bahnen?

Von Dirk Skrzypczak 14.12.2020, 13:53
In der Tram muss man zum Schutz vor dem Coronavirus unbedingt einen Mund-Nasenschutz tragen.
In der Tram muss man zum Schutz vor dem Coronavirus unbedingt einen Mund-Nasenschutz tragen. Silvio Kison

Halle (Saale) - Virenschleuder, Corona-Hotspot: Seit dem Ausbruch der Pandemie im März dieses Jahres wird der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) immer wieder mit den gleichen Vorurteilen konfrontiert. Die unbewiesenen Behauptungen schüren unter Fahrgästen Ängste und führen auch dazu, dass Passagiere die Busse und Bahnen meiden. Doch wie ist es tatsächlich um die Gefahr in den Verkehrsmitteln beispielsweise der Havag bestellt?

„Auszuschließen ist es nicht, dass es auch im ÖPNV zu Infektionen kommen kann. Unter den Patienten, die wir behandeln, ist mir aber kein Fall bekannt, der auf die Benutzung von Bussen oder Bahnen zurückzuführen ist“, sagt Dr. Dieter Worlitzsch, Chefarzt für Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum in Halle, im Gespräch mit der MZ. Die Behauptung, der ÖPNV sei eine Virenschleuder, „ist absoluter Blödsinn“, sagt Worlitzsch.

Regelmäßige Reinigung und Durchlüftung von Bussen und Bahnen in Halle

Für Verkehrsbetriebe sind es schwierige Zeiten, auch für die Havag. „2019 war ein Spitzenjahr. Wir konnten unser Wachstum noch einmal um 1,6 Millionen Fahrgäste steigern. Doch dann kam Corona. Und der Einbruch bei den Fahrgastzahlen tut sehr weh“, sagt Vinzenz Schwarz, Vorstand der Havag. Im Frühjahr, beim harten Lockdown mit geschlossenen Schulen, Kitas, Restaurants, Geschäften und Kultureinrichtungen, betrug die Auslastung im Vergleich zum Vorjahr nur 30 Prozent.

Und seit November mit dem zweiten Lockdown fahren nur 70 Prozent der sonst üblichen Passagiere mit. Dabei leiste die Havag eine Menge, um ihrer öffentlichen Daseinsvorsorge auch gerecht zu werden. Die Fahrzeuge werden regelmäßig gereinigt und an allen Haltestellen durchlüftet. „Wir tun alles, damit unsere Fahrzeuge ein sicherer Ort sind.“ Wenn sich alle Fahrgäste an die Regeln halten, dann sei man auch sicher.

ÖPNV in Halle unverzichtbar: Corona stellt Havag vor Herausforderungen

Dr. Hendrik Liedtke, Ärztlicher Direktor im Elisabeth-Krankenhaus, sitzt im Pandemiestab der Stadt. Die Situation im städtischen Nahverkehr sei eines der wichtigsten Themen. „Der ÖPNV ist für Halle unverzichtbar und eine der Grundlagen, die das gesellschaftliche Leben aufrecht erhalten. Wir können ihn nicht abschalten“, sagt Liedtke. Und er weiß, dass der Umgang mit dem Coronavirus in der Öffentlichkeit mitunter auch den Tücken geschuldet ist, die der Erreger mit sich bringt.

„Das Virus stellt seine eigenen Regeln auf. Und es hat die Besonderheit, dass es von Menschen übertragen werden kann, die selbst nicht krank sind.“ Kein anderes humanpathogenes Virus habe diese Eigenschaft. „Und das macht die Sache so kompliziert“, sagt Liedtke. Gleichzeitig lobt er die Havag für die Entscheidung, trotz rückläufiger Fahrgastzahlen weiter 100 Prozent Leistung anzubieten. „Die wirksamste Maßnahme im Kampf gegen Corona ist wissenschaftlich erwiesen der Mund-Nasenschutz“, sagt Liedtke.

Bedeutung des Mund-Nasenschutzes, besonders im Nahverkehr, ist groß

Tatsächlich sehen sowohl Liedtke und Worlitzsch wie auch Schwarz keine Alternative zur Maskenpflicht. „Wir achten konsequent bei unseren Kontrollen darauf, dass die Mund-Nasenbedeckung auch getragen wird“, sagt der Havag-Vorstand. 98 Prozent der Fahrgäste würden sich in Halle auch daran halten - bundesweit liege der Durchschnitt laut dem Branchenverband nur bei 90 bis 95 Prozent.

„Drei Prozent mehr bedeuten Welten, weil durch Maskenverweigerer die Infektionsgefahr exponentiell ansteigt“, sagt Liedtke. Und auch Worlitzsch unterstreicht die Bedeutung des Mund-Nasenschutzes. „Das Virus wird in erster Linie durch Aerosole in großen und kleinen Tröpfchen übertragen. Alles, was diese Übertragung verhindert, macht also Sinn. Im ÖPNV ist der Mundschutz das wichtigste Mittel, um Infektionen zu verhindern.“

Strafe für Maskenverweigerer

Deshalb denkt die Havag auch darüber nach, neben den Verwarnungen - die bei notorischen Maskenverweigerern in letzter Konsequenz zum Hausverbot führen können, also dem Ausschluss von der Beförderung - auch ein Strafgeld einzuführen. „Andere Verkehrsverbünde haben das schon getan und die Verletzung gegen die Maskenpflicht in den Strafkatalog aufgenommen“, sagt Schwarz. Dieses zusätzliche Druckmittel könnte geeignet sein, auch die noch unbelehrbaren zwei bis drei Prozent zur Vernunft zu bringen.

Was in Bussen und Bahnen übrigens auffällt: Viele Passagiere tragen die Masken nur über dem Mund und lassen die Nasen frei. „Eine Maske, die nicht korrekt getragen wird, bietet keinen Schutz“, sagt Liedtke und vergleicht die Maske mit einem Fliegengitter. Wenn das zur Hälfte offen stehe, würden die Plagegeister auch in die Wohnung eindringen. „Wir werden noch eine Weile mit dem Mund-Nasenschutz leben müssen“, sagt er. (mz)