Containern von Lebensmittel Containern von Lebensmittel : Auch in Halle gibt es illegale Leckerbissen aus dem Müll

Halle (Saale) - Der Himmel färbt sich allmählich rot, als Nina, Chris und Florian auf ihre Fahrräder steigen. Auf ihren Gepäckträgern sind große Einkaufstüten geklemmt. Die erste Station der drei Studenten ist an diesem warmen Sommerabend Penny. Doch sie wollen nichts einkaufen. Der Supermarkt ist seit einer Stunde geschlossen. Die Gruppe will containern, so heißt der Trend, bei dem noch gut erhaltene Lebensmittel aus dem Müll gefischt und zu Hause verwertet werden.
Nina, Chris und Florian sind nicht ihre richtigen Namen. Diese wollen die drei Hallenser nicht in der Zeitung preisgeben. Denn obwohl sie nur Müll mitnehmen, der ansonsten kompostiert oder verbrannt wird, machen sie sich strafbar.
„Lebensmittel freiwillig und ohne Nachteile an Dritte, etwa die Tafeln für Bedürftige, abgeben“
Wegen Hausfriedensbruchs und Diebstahls drohen Geldstrafen. Das hat die Justizministerkonferenz der Länder Anfang Juni erneut bestätigt. Der Hamburger Justizsenator hatte sich zwar dafür eingesetzt, dass das Einsammeln weggeworfener Lebensmittel aus Abfallcontainern legalisiert wird. Die Justizminister verständigten sich allerdings nur darauf, dass die Verschwendung von Millionen Tonnen Lebensmitteln pro Jahr vermieden werden soll.
Die Initiative „foodsharing“ setzt sich deutschlandweit gegen Lebensmittelverschwendung ein. Ihr Konzept beruht darauf, von Händlern, Gastronomen und Privatpersonen überschüssiges Essen abzuholen und anderen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dafür werden sogenannte „Fair-Teiler“ aufgestellt, wo die Lebensmittel öffentlich zugänglich gelagert werden. In Halle gibt es mehrere Verteilerstellen. Diese befinden sich an den Frankeschen Stiftungen, am Hühnermanhattan und im Wintercafé des Peißnitzhauses.
Auch das „Crumme Eck“ verteilt Lebensmittel aus Geschäften, die nicht mehr verkauft werden können und verfügt ebenfalls über einen Fair-Teiler. Das „Crumme Eck“ hat einen Laden an der Lessingstraße 39, der montags, freitags und samstags von 16 bis 20 Uhr geöffnet ist.
An die Bundesregierung ging deshalb der Auftrag, es „großen Lebensmittelanbietern zu ermöglichen, Lebensmittel freiwillig und ohne Nachteile an Dritte, etwa die Tafeln für Bedürftige, abzugeben“. Dass das bereits geschieht, bestätigt die Rewe Group, zu der der Discounter Penny gehört. Die Supermärkte würden im Jahresdurchschnitt bis zu 99 Prozent ihrer Lebensmittel verkaufen.
„Ich bin finanziell nicht darauf angewiesen, zu containern. Mir tut es aber um die Lebensmittel leid.“
„Das Gros des verbleibenden Prozents stellen Rewe und Penny kostenlos den bundesweit über 940 lokalen Tafel-Initiativen zur Verfügung“, sagt Sprecher Andreas Krämer. Lebensmittel, die im Müll landen, seien verschimmelt, verdorben oder verschmutzt. Das könne nicht immer erkannt werden. „Aus diesem Grund sind die Marktverantwortlichen angehalten, die Müllcontainer vor dem Zugriff Dritter zu sichern“, fügt der Sprecher hinzu.
Nina, Chris und Florian hält das jedoch nicht davon ab, regelmäßig Lebensmittel aus den Mülltonnen verschiedener Supermärkte einzusammeln. „Ich bin finanziell nicht darauf angewiesen, zu containern. Mir tut es aber um die Lebensmittel leid“, sagt die 21-jährige Nina. „Dass so viel Essen weggeworfen wird, ist ein Irrsinn“, fügt Florian hinzu. Als die drei an den Müllcontainern des Supermarkts ankommen, sind bereits ein Mann und eine Frau damit beschäftigt, weggeworfene Blumen, Paprika und Brote in ihre Fahrradtaschen zu verstauen.
Zwischenstopp beim Verteilerschrank des Netzwerkes „foodsharing“
Auch für die drei Studenten ist noch mehr als genug übrig. „Heute Abend gibt es Pilze“, sagt Chris und packt mehrere Packungen Champignons ein. Weil die Drei zu viel Essen mitgenommen haben, entscheiden sie sich auf dem Nachhauseweg, einen Zwischenstopp beim Verteilerschrank des Netzwerkes „foodsharing“ einzulegen. Dieser befindet sich auf dem Gelände des Klubs Hühnermanhattan an der Hordorfer Straße.
Die drei sortieren Brote und Salate in den Schrank. Jeder, der den Verteilerstandort kennt, kann sich die Lebensmittel kostenlos abholen. Sie wollen mit solchen Aktionen ein Zeichen setzen, dass Lebensmittel kostbar sind. (mz)

