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Ergebnisse Bundestagswahl Bundestagswahl in Halle (Saale): Warum Halle keine AfD-Hochburg ist

Von Silvia Zöller 26.09.2017, 11:01
Die AfD kann in Halle weniger Fuß fassen als in anderen Wahlkreisen des Landes.
Die AfD kann in Halle weniger Fuß fassen als in anderen Wahlkreisen des Landes. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Bei den Bundestagswahlen hat die Alternative für Deutschland (AfD) in Stadtgebiet von Halle 17,1 Prozent der Zweitstimmen erreicht und ist damit drittstärkste politische Kraft nach der CDU und der Linken. Trotzdem blieben die Rechtspopulisten in der Saalestadt deutlich unter dem Landesdurchschnitt von 19,6 Prozent.

Spitzenreiter war der Burgenlandkreis, wo sich 24,3 Prozent der Wähler für die AfD entschieden haben, die damit nach der CDU - die nur fünf Prozentpunkte mehr hatte - auf Platz zwei kam. Warum ist die Saalestadt keine Hochburg der „Blauen“?

Bundestagswahl in Halle (Saale): Silberhöhe wählt vor allem AfD

Dazu geben schon die Zahlen einige Auskunft. In der Stadt selbst gibt es riesige Unterschiede: In der südlichen Neustadt holte die AfD mit 30 Prozent der Stimmen sogar noch mehr als im Burgenlandkreis, auf der Silberhöhe ebenfalls (27 Prozent).

Die hohen Ergebnisse in den Stadtteilen mit einem hohen Anteil an Hartz-IV-Empfängern haben vor allem einen Hintergrund: Deutlich weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten sind hier überhaupt an die Urnen gegangen. Und die, die ihren Wahlzettel ausgefüllt haben, haben dies offenbar mit einer gehörigen Portion Protest getan.

Bundestagswahl in Halle (Saale): So haben Bürger im Paulusviertel, Giebichenstein und Kröllwitz gewählt

In den traditionell links- und grünwählenden Stadtteilen wie dem Paulusviertel oder dem Giebichenstein gab es zwar auch AfD-Wähler. Hier erreichte die Partei jedoch nur knapp oder fast knapp zweistellige Ergebnisse. In Kröllwitz, das wenig bekannt für Protestwähler ist, haben 12,7 Prozent der Bürger ihr Kreuz gemacht. Aber eben nicht mehr - und damit immer noch unter dem Durchschnitt der Stadt.

Bundestagswahl in Halle (Saale): Darum ist die Saalestadt keine Hochburg der AfD

„Halle ist eine bunte, lebendige, vielfältige Stadt mit unterschiedlichen kulturellen Milieus“, erklärt Christoph Starke vom Friedenskreis und dem „Bündnis gegen Rechts“. Da es in Halle eine breite Zivilgesellschaft gebe, die sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit engagiert, schneide die AfD in der Saalestadt schlechter ab als im Landesdurchschnitt.

„Aber auch die positive Entwicklung der Stadt trägt dazu bei, dass der Frust der Bürger nicht so groß ist wie in anderen Teilen des Landes“, so Starke. Trotzdem dürfe man sich nicht zurück lehnen und müsse mit Bildungsarbeit und Aktionen die Stimme gegen Rechts erheben, wo es nötig ist.

Lehren aus der Bundestagswahl: Auch Halle als Studentenstadt spielt eine Rolle bei der Schwäche der AfD

Eine andere Erklärung hat Benjamin Höhne vom Institut für Parlamentarismusforschung der Uni Halle. Bei den Ergebnissen der AfD sei im Land ein Nord-Süd-Gefälle zu beobachten, das heißt, im Norden von Sachsen-Anhalt wird die Partei weniger, im Süden häufiger gewählt. „Dazu kommt der Fakt, dass es in urbanen, also städtischen Regionen weniger AfD-Wähler gibt als im ländlichen Bereich“, sagt Höhne.

Seine Erklärung dafür: In Städten, besonders in Uni-Städten wie Halle seien vor allem die Studenten traditionell politisch eher links als rechts orientiert. Die AfD-Wähler auf der Silberhöhe oder in Neustadt verortet Höhne als Protestwähler, die zudem einem Irrtum aufgesessen seien: „Die AfD tut halbherzig so, als ob sie für soziale Gerechtigkeit ist. Das ist aber keine Herzensangelegenheit der AfD.“

Rechtsruck auch europaweit: AfD bleibt wohl keine Eintagsfliege

Überraschend kommt die Entwicklung der rechtspopulistischen Partei für den Wissenschaftler keineswegs: In vielen anderen Ländern von der Schweiz über Österreich oder Frankreich gebe es bereits in den Parlamenten Parteien am rechten Rand. „Man sollte sich darauf einstellen, dass die AfD keine Eintagsfliege ist.“ Es sei denn, die Partei breche auseinander, was abzuwarten bleibt.

Ein Beispiel dafür gibt es bereits in der Stadt Halle. Bei der Kommunalwahl 2014 hatte die AfD drei Sitze im Stadtrat bekommen. Die Fraktion zerlegte sich durch Streitigkeiten selbst und hat nun nur noch einen einzigen Abgeordneten, Alexander Raue. Der kann jedoch als einzelner Stadtrat freilich keinen Fraktionsstatus für sich beanspruchen. Die beiden anderen sitzen nun als fraktionslose Abgeordnete im Stadtrat.

Auch am Montag blieb die AfD-Spitzenkandidatin im Wahlkreis, Evelyn Nitsche, für die MZ nicht erreichbar - wie schon am Sonntag. (mz)