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Braten erst nach Mitternacht

Von Claudia Crodel 23.12.2004, 15:32

Halle/MZ. - Wenn andere Leute längst im Bett liegen und sich süßen Träumen hingeben, dann zieht Essensgeruch durch die Wohnung von Michal Seclacek und Marketa Slapotova. Da wird gesotten, gebraten, gekocht. Ein Abendessen vor der Vorstellung oder Abendprobe ist für das Solotänzerpaar des halleschen Opernhauses tabu. "Mit vollgeschlagenem Magen können wir nicht arbeiten", sagt Michal Sedlacek.

Die beiden aus der Tschechischen Republik stammenden Tänzer bereiten ihre Hauptmahlzeit stets zu später Abendstunde zu. Das fertige Essen steht dann oft erst 1.30 Uhr auf dem Tisch. "Ein Schweinebraten beispielsweise braucht seine Zeit", meint Sedlacek. Der Herr im Hause ist meist auch der Küchenchef. "Ich koche leidenschaftlich gern, besonders Fleischgerichte", verrät er und verweist auf ein langes Regalbrett im Wohnzimmer, das voller Kochbücher steht. Im Schlafzimmer befinden sich weitere Kochbücher.

Die Küche anderer Länder interessiere ihn sehr. "Ich halte mich allerdings nie ganz daran, was in den Rezepten steht", gibt er freimütig zu. Manche Zutaten wie bestimmte Gewürze bekomme man nicht überall, manches schmecke ihm auch nicht. Dazu gehörten Innereien oder Süßwasserfische. Letztere kann der leidenschaftliche Angler zwar zubereiten, tut das aber nur für Gäste.

Mit der tschechischen Küche verbindet man in erster Linie Gerichte mit Semmelknödeln. Gerade die mögen die beiden Tänzer gar nicht gern essen. Wenn schon Knödel auf den Teller kommen, dann sind es Kartoffelknödel, die in der Pfanne gebraten werden. Das leckerste tschechische Gericht ist für sie ein Rinderfilet, dass mit einem Mus aus Karotten und Sellerie bedeckt im Backofen bereitet wird. "Das ist köstlich", schwärmen die beiden Tänzer.

Über die hinlängliche Annahme, dass Tänzer hungern müssen, damit die Figur auf der Bühne stimmt, können die beiden nur lächeln. "Ich denke, wir essen ganz normal. Überhaupt ist es in unserer Company nicht so, dass die Leute hungern", meint Marketa Slapotova.

Ein Frühstück mit Brötchen und Kaffee allerdings mögen die beiden nur sonntags. Das gibt es dann auch frühestens 12 Uhr, weil sie gern lang schlafen. Die Woche über begnügt sich Michal Sedlacek vor dem Vormittagstraining mit einer Fanta und einer Zigarette, Marketa Slapotova mit einem Joghurt und einem Pott Kaffee mit Milch. Die erste richtige Mahlzeit kommt nach der Vormittagsprobe gegen 15 Uhr auf den Tisch. Die Speisen seien dann vielfältig, nur Zwiebeln und Knoblauch ließen sie weg, aus Rücksicht auf die Kollegen.

Und was gibt es zu Weihnachten? "Darüber haben wir noch nicht so richtig nachgedacht. Wir hatten gerade die Premiere von ,Cinderella' und den ganzen Dezember sehr viele Vorstellungen", sagt Marketa Slapotova. Natürlich möchte sie einen Baum aufstellen und ihn mit roten, blauen und silbernen Kugeln schmücken.

Heiligabend werden Kollegen kommen und Michal wird kochen: Suppen, eine Vorspeise, vielleicht Fischgerichte. Und vielleicht wird Tänzerkollege Sdenko Galaba, der aus der Slowakei stammt, kommen. "Sdenko kann wunderbare Kuchen und Plätzchen backen, auch Torten bereiten", erzählt Marketa Slapotova. Zu Hause in Tschechien esse man zu Weihnachten Karpfen und Kartoffelsalat.