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Bio-Abendmarkt in Halle Bio-Abendmarkt in Halle: Am besten geht der Emma-Käse

Von Iris Stein 02.07.2017, 11:00

Halle (Saale) - Es ist Donnerstag. Der erste Donnerstag im Monat. Ein fester Termin für Gerhild Fischer, Bäckermeisterin aus Rothenburg im Saalekreis. Bio-Bäckermeisterin, um genau zu sein. Damit ahnen Eingeweihte, was es mit diesem Donnerstag-Termin auf sich hat. Der gilt nicht nur für die Bäckersfrau, sondern auch für Gemüse-Produzenten, Saft-Erzeuger, einen Kaffee-Spezialisten und, und, und. Und natürlich für alle ihre Kunden. Am ersten Donnerstag im Monat wird auf dem Hallmarkt in Halle von 16 bis 20 Uhr zum Bio-Abendmarkt geladen.

Schon seit zehn Jahren geht das so, und Gerhild Fischer gehört zu denen, die den längsten Atem hatten. Sie und Holger Tuch vom Bio-Hof Tuch in Heygendorf bei Ziegelroda sind als Einzige von Anfang an dabei. Jetzt, gegen 15 Uhr, ist Aufbau angesagt am Fischer-Stand. Brot, Brötchen, Kuchen, jede Menge Spezialitäten. Aus 18 Sorten Brot können die Kunden wählen, allesamt in Bio-Qualität. Für den Markt kreiert Gerhild Fischer jedes Mal ein neues Brot - ihr ganzer Stolz. Kokos-Ingwer mit Dinkelmehl und Roggensauerteig ist es an diesem Tag. Für den Juli stellt sie beispielsweise ein Aprikosen-Dinkel-Hafer-Brot in Aussicht. „Mir fällt immer wieder etwas Neues ein“, sagt die 53-Jährige selbstbewusst und freut sich, dass der erste Kunde - mit Fahrrad und Chihuahua - schon lange vor dem offiziellen Start um 16 Uhr kaufen möchte. „412 verkaufte Brote an einem Markttag - das ist mein Rekord“, verkündet Gerhild Fischer und weiß: In den nächsten Stunden wird sie kaum eine ruhige Minute haben.

Julia Hornickel hat derweil ihre Saftflaschen ausgepackt. Obst von der eigenen Streuobstwiese bei Wallhausen wurde dazu verarbeitet. Zehn Sorten wachsen dort, alle mit einer langen Tradition. Die Älteren werden sich erinnern: Spartan, Rote Sternrenette, Kaiser-Wilhelm-Apfel . . . Die Umweltwissenschaftlerin hat ein eigenes Planungsbüro für Naturtourismus. Ihr Ziel: die Saftproduktion, zurzeit noch nebenberuflich, in einer eigenen Mosterei. Die 35-Jährige hält zudem die Fäden in der Hand, was die Organisation des Bio-Abendmarktes in der Saalestadt betrifft.

Der füllt sich jetzt so langsam. Nicht nur mit Anbietern - um die zehn sind es bei jedem Termin -, sondern vor allem auch mit Kunden. Jüngere und Ältere, Studenten, Senioren, gern mit Fahrrad. Auch Müllers aus Halle gehören dazu, die gezielt den Markt aufsuchen. Es sei ihnen wichtig, dass die Lebensmittel, die sie kaufen, aus der Region kommen, biologisch erzeugt sind und ökologisch korrekt angebaut wurden, lassen sie wissen. Und dass sie sich noch mehr Anbieter wünschten.

Ein Wunsch, der durchaus in Erfüllung gehen könnte, denn steigendes Interesse von Seiten der Kunden wird auch mehr Produzenten nach sich ziehen. Da ist sich Holger Tuch sicher, der gerade für die letzten zwei, drei Jahre eine spürbare Erhöhung der Nachfrage beobachtet. 50 Hektar Land gehören zu seinem Ökohof, allein 7 000 Quadratmeter sind dem Kräuteranbau vorbehalten. Entsprechend sind am Stand zahlreiche Gewürzkräuter sortenrein oder in den verschiedensten Mischungen zu haben, dazu viele Tees. Auch Getreide und Ölsaaten baut er an, und so gibt es auch Leinöl in Bio-Qualität bei ihm. Beratung zur richtigen Aufbewahrung und Anwendung inklusive.

Weil der Andrang so groß ist, heißt es bei Pfendts Bio-Hof ein wenig warten, bis man als Kunde an die Reihe kommt. Der Familienbetrieb aus Pratau bei Wittenberg ist heute mit Vater Stefan und Tochter Elouisa vertreten, die gerade ihr Abitur ablegt. 70 Milchschafe - und ihre Lämmer - gehören zum 17 Hektar großen Hof, der seit 14 Jahren besteht. Die Tiere  geben die Milch für den  Käse. Aber was heißt hier Käse? Die 18-jährige Elouisa berät kundig zu den würzigen Zusätzen - verschiedenste Kräuter -, zum Geschmack und  zur Konsistenz - weich oder halbfest. „Der Schafsjoghurt ist ganz, ganz mild“, verspricht sie und wirbt für den nussigen Geschmack von Käse mit Bockshornklee.  Die Kunden sind’s zufrieden und kaufen ordentlich. „Und noch ein Stück Emma-Käse“, heißt es oft.  So heißt der einzige Kuhmilchkäse des Hofs  - nach der Kuh, die die Milch dafür gegeben hat. Auch das Ehepaar Myhrik aus Halle, beide in den 60ern, greift gern zu. „Das ist Natur, der Käse schmeckt wunderbar“, schwärmen sie und führen  gesundheitliche Gründe an, warum sie den Bio-Markt aufsuchen. Dass es hier etwas teurer zugeht, hält sie nicht ab.

Inzwischen macht eine alte Bekannte ihre Runde zwischen  den Marktständen.  Beate Thomann, die einst einen Ziegenhof führte und zu den Initiatoren des Marktes zählt.  Die 65-Jährige  hat vor Jahren  „auf anderen Märkten Mitstreiter getroffen, wir kennen uns ja untereinander“, erzählt sie.  „Unsere Kundschaft kommt nicht auf Wochenmärkte, oft können wir sie tagsüber nicht erreichen“, erkannte sie schon früh und rührte deshalb unter den Produzenten die Werbetrommel für den Bio-Abendmarkt. Der Erfolg, der sich nun nach Jahren in Halle eingestellt hat, gibt ihr Recht. Nachlassen mit den Bemühungen darf trotzdem keiner, das ist allen Anbietern klar. „Nicht schlechtes Wetter oder Preise halten Kunden ab, sondern ein geringer Bekanntheitsgrad“, sagt Holger Tuch.

Dabei gibt es jede Menge zu entdecken.  Wildspinat zum Beispiel. Oder Asia-Salat. Junge Weinblätter, Mangold oder marokkanische Kresse. Alles am Stand von Midgard, einer Demeter-Gärtnerei aus Quedlinburg.   „Wir haben uns beim Anbau auf ältere Sorten  orientiert“, sagt Luise Leopold. Die 23-Jährige hat Gartenbau studiert, ist eigentlich fürs Büro von Midgard zuständig, betreut aber an diesem Tag mit ihrem 30-jährigen Kollegen Clemens Eidner den Marktstand. Der Renner sind übrigens fertig zusammengestellte Salat-(Papier)-Tüten, denen gleich noch essbare Blüten beigelegt sind.   

„Alles frisch geerntet, im Kühlschrank gut drei Tage haltbar“, versichert Luise Leopold einem älteren Ehepaar, das sich für die Tüten interessiert.
Lebhafte Gespräche werden am Honigstand geführt, dort geht es um Handcreme und Zahnpasta. Viele Fragen beantwortet Winzer Roland Rapp aus Langenbogen, der an seinem Stand Bio-Weine anbietet.  Es zählt zu den großen Vorteilen des Bio-Marktes, dass die Kunden hier die Produzenten ihrer Lebensmittel kennenlernen. Die wissen schließlich am besten, was drinsteckt in ihren Früchten und Erzeugnissen.

Bliebe noch Zeit, sich einen aufmunternden Kaffee zu gönnen, jawohl, auch den gibt’s „bio“.  Von Olaf Schmidt aus Leipzig, der zum ersten Mal seinen „Bike“-Stand in Halle aufgebaut hat. Das große Geschäft hat er an diesem Tag  nicht gemacht, aber wiederkommen will er auf jeden Fall. Den langen Atem braucht es halt . . . (mz)

Nächster Bio-Abendmarkt in Halle:  6. Juli, 16 bis 20 Uhr, Hallmarkt