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Besuch Besuch: Neben Sänger Fred Frohberg auf der Schulbank gesessen

Von MARTINA SPRINGER 23.07.2010, 16:02

HALLE/MZ. - Bernhard Trimpert lässt sich nicht beirren. Keinen Augenblick. "Hier, genau hier ist es gewesen", sagt er und weist auf ein Gebäude, dessen Anschrift heute Zapfenstraße 2 lautet. Vor 83 Jahren war das die Zapfenstraße 21. Hier stand das Haus, in dem Bernhard Trimpert im September 1926 geboren wurde und in dem seine Großmutter einen Tante-Emma-Laden betrieb. Seit Jahrzehnten hat er weder das Haus noch die Umgebung rund um Schülershof und Eselsbrunnen noch überhaupt seine Geburtsstadt gesehen. Denn seit langem schon lebt er in Bonn.

Im Rheinland hat er vor zwei Jahren beim Nordic Walking Christa Leicher-Kaufmann kennen gelernt. Die jetzt 69-Jährige ist wie Trimpert verwitwet. Zwischen beiden ist eine große Vertrautheit und enge Freundschaft entstanden. Das hat Trimpert bewogen, der Freundin zu zeigen, "wo ich herkomme. Ich wollte sie zu meinen Ursprüngen führen." Also ist er zum ersten Mal seit fast 30 Jahren wieder nach

Halle gefahren. Die Stippvisite ist für den mittlerweile weißhaarigen Mann eine Reise in die Vergangenheit. Natürlich. Doch die Gegenwart bleibt nicht außen vor. Sie gefällt ihm. Er findet es toll, wie sich die Stadt seit der Wende herausgemacht hat.

Ein ganz anderes Bild hat sich dem kleinen Bernhard in der zweiten Hälfte der 20er und der ersten Hälfte der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts geboten. Mehrere Umzüge hat er binnen kurzer Zeit mit seinen Eltern - der Vater war Schlossermeister, die Mutter Hausfrau - und Schwester Ingeborg erlebt. Von der Zapfen- in die Blumenthalstraße, von dort 1932 ins Eckhaus Ludwig- / Röpziger Straße. "Ich weiß noch, dass häufig gesagt wurde, die Ludwigstraße sei die Kommunistenseite, die Röpziger die Beamtenseite. Weil die Bewohner so unterschiedlich waren."

Trimpert hat die Weingärten-Volksschule im Böllberger Weg besucht, dann die Mittelschule in der Torstraße. Sein damaliger Sitznachbar: Fred Frohberg, der nach dem Krieg als Sänger in der DDR Karriere machte und mit "Zwei gute Freunde" das landete, was man heute einen Hit nennt. "Ich habe noch eine Schallplatte von ihm", sagt Trimpert und berichtet von einer Kontaktaufnahme. "Ich bekam auf mein Schreiben keine Antwort. Später rief mich Freds Witwe an und erzählte, er habe meinen Brief noch bekommen. Ehe er antworten konnte, sei er aber verstorben."

1943 ging Trimpert von Halle weg. "Nach Kriegsende bin ich in Hamburg hängen geblieben." Zunächst nicht für lange, denn die Eltern wohnten noch an der Saale und drängten ihren Sohn zu einer Ausbildung bei der Reichsbahn. "Es wäre aber nur Gleisbau möglich gewesen, das wollte ich nicht."

Stattdessen absolvierte er in einem Autohaus in der Merseburger Straße eine Lehre als Autoelektriker. Anschließend war ein Studium an der Ingenieurschule in Meißen in Reichweite - wenn Bernhard Trimpert denn Mitglied der SED geworden wäre. "Für ein Parteibuch gehe ich nicht studieren", habe er gesagt und Halle verlassen, wieder Richtung Hamburg. Um dann doch noch einmal zurückzukommen: Am 23. Juli 1949 hat er in der Moritzkirche geheiratet.

"Wenn ich erzähle, kommen die Erinnerungen wieder", sagt Trimpert und lacht. Er will aber trotzdem nicht länger von der Vergangenheit reden, sondern ein bisschen vom heutigen Halle genießen. Zu Fuß geht's von der Zapfenstraße zum Markt, dann weiter zum Domplatz. Für den Abend ist noch eine kleine Tour mit dem Auto durch die Stadt geplant. Mehr Zeit bleibt nicht. Am nächsten Tag wird Richtung Berlin gestartet. Trimperts Schwester hat Geburtstag. "Sie weiß nicht, dass wir kommen. Es soll eine Überraschung werden."