Balken erinnert an Napoleon
Teicha/MZ. - Er führt als Schmied und Schlosser die Tradition in der x-ten Generation fort. Doch die Oertels sind nicht nur in beruflicher Beziehung ausgesprochene Familienmenschen. Bei ihnen lebt man noch wie in den guten alten Zeiten mit mehreren Generationen unter einem Dach. Mindestens einmal am Tag - zur Mittagszeit - sitzen Opa Helmut (83), Vater Lothar (60) und René Oertel in der Küche zusammen und lassen sich von Oma Elfriede (82) verwöhnen.
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt, und von der Arbeit ist dabei natürlich auch nicht immer die Rede. Auf die inzwischen leicht vergilbten Schwarz-Weiß-Fotos angesprochen, weiß Helmut Oertel aber aus dem Stegreif manch interessante Geschichte zu erzählen. Wie die vom Hufbeschlag-Lehrgang, den er einst in Merseburg ablegen musste. Oder von den Ackerwagen mit bis zu 1,50 Meter großen Reifen mit einem Stahlmantel. Mindestens zwei Mann seien nötig gewesen, die Reifen anzubringen. "Wenn sie warm gemacht wurden, zog der Qualm des Glühofens durchs ganze Haus. Die Küche war voller Ruß", weiß Elfriede Oertel.
Nicht nur das gehört inzwischen der Vergangenheit an. Das Schmiedefeuer brennt heute nur noch selten, an den Hufeisen hängen stattdessen Spinnfäden. Das Feld ist verpachtet, statt eines Stalls voller Tiere gibt es noch eine Katze und die Meerschweinchen. Auch die Zimmer für die Gesellen sind längst für die Bedürfnisse der Großfamilie umgebaut. Lehrlingsausbildung findet im Betrieb aus finanziellen Gründen nicht mehr statt.
Nach der Wende entstand im Hinterhof des Grundstücks eine Schlosserei. Hier fertigt René Oertel heute als Ein-Mann-Betrieb Zäune oder Eingangstore, repariert Schlösser, zieht Schweißnähte. "Es ist schwieriger geworden mit den Aufträgen. Die Leute wollen Qualität zum kleinen Preis", so seine Erfahrung. Lange Wartezeiten wie bei seinem Vater gibt es nicht mehr, weil die Auftragsbücher nicht mehr so voll sind. Dennoch verbreitet die Familie keinen Pessimismus. Fragt man den jüngsten Spross, den sechsjährigen Philipp, nach seinem Berufswunsch, dann antwortet der Kleine: "Schmied."
Nie sei es für einen Oertel in Frage gekommen, mit der Tradition zu brechen, versichert Lothar Oertel. Er sagt: "Unser Handwerk hat jahrhundertelang überlebt. Es wird immer weiter gehen."