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  7. Anti-AfD-Demo in Halle: Teilnehmer-Rekord bei Demonstration gegen Rechtsextremismus

Protest gegen die AfD Demo gegen Rechtsextremismus: „Ein starkes Signal“ aus Halle

Für Vielfalt und gegen Rechtsextremismus sind am Sonnabend 16.000 Menschen in Halle auf die Straße gegangen. Seit dem Herbst 1989 hat die Stadt keine so große Demonstration erlebt.

Von Annette Herold-Stolze Aktualisiert: 22.01.2024, 11:19
Jung und Alt, Groß und Klein:16.000 Menschen haben am Sonnabend gegen Rechtsextremismus protestiert.
Jung und Alt, Groß und Klein:16.000 Menschen haben am Sonnabend gegen Rechtsextremismus protestiert. Fotos (2): Marvin Matzulla

Halle (Saale)/MZ. - Am vergangenen Montag hat Liane Streb davon gehört – und sofort stand für die 56-Jährige fest, dass sie am Sonnabend mit auf die Straße gehen würde. „Ich will mir meine Freiheit nicht von Feinden der Demokratie nehmen lassen“, sagte sie zu ihren Beweggründen, an der Demonstration teilzunehmen, bei der rund 16.000 Menschen ihr Eintreten gegen Rechtsextremismus zum Ausdruck gebracht haben. Eine so große Kundgebung hat Halle seit der friedlichen Revolution im Herbst 1989 nicht wieder erlebt.

Demo gegen Rechtsextremismus mit Teilnehmerrekord in Halle

Dazu aufgerufen hatten mit dem aus 30 Organisationen und mehr als 100 Einzelpersonen bestehenden Bündnis „Halle gegen Rechts“ mehr als 70 weitere Organisationen, darunter Gewerkschaften, Sozialverbände und Kirchen.

 
In Halle haben am Samstagnachmittag mehr als 15.000 Menschen für die Demokratie und gegen die rechtsextreme AfD demonstriert. (Kamera: Matzulla, Lohse; Schnitt: Giesert)

Friedlich zogen die Teilnehmer vom August-Bebel-Platz über das Steintor und den Riebeckplatz zurück zum Steintor. Die Veranstalter hatten ursprünglich mit 500 Teilnehmern gerechnet. Weil der Zug nun um so viel größer ausfiel, war die Route, die ursprünglich zum Marktplatz führen sollte, verändert worden.

Die Polizei sicherte den Zug ab: Zwischen August-Bebel- und Riebeckplatz ging die Demonstration mit Verkehrseinschränkungen einher.
Die Polizei sicherte den Zug ab: Zwischen August-Bebel- und Riebeckplatz ging die Demonstration mit Verkehrseinschränkungen einher.
(Foto: Marvin Matzulla)

„Es ist schön, Menschen aller Altersgruppen hier zu sehen“, kommentierte Halles Kulturbeigeordnete Judith Marquardt, die sich wie ihre für den Sozialbereich zuständige Kollegin Katharina Brederlow privat an der Demonstration beteiligte.

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Die hohe Teilnehmerzahl wertete Marquardt – die dieser Tage Bürgermeister Egbert Geier vertritt, der aus gesundheitlichen Gründen nicht im Dienst ist – als „starkes Signal“, welche Bedeutung Werten wie Vielfalt, Offenheit und Solidarität in Halle beigemessen werde. Unter den Demonstranten waren auch der suspendierte Oberbürgermeister Bernd Wiegand und Vertreter mehrerer Stadtratsfraktionen.

Rechtsextremes Migrationstreffen in Potsdam: Migranten in Halle in Angst

„Es ist ein wichtiges und starkes Zeichen, dass Halle es schafft, ein so breites Bündnis auf die Beine zu stellen“, sagte Mamad Mohamad, Geschäftsführer des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen (Lamsa), der bei einer Zwischenkundgebung am Steintor als Redner auftrat. Denn eines sei auch Fakt: Die durch Enthüllungen des Recherchezentrums Correctiv aufgedeckten Vertreibungspläne würden Migranten in Angst versetzen.

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Seine 14 Jahre alte Tochter sei neulich mit der Frage aus der Schule gekommen: „Papa, werden wir jetzt ausgewiesen?“ Mohamad berichtete auch, in den Briefkästen hallescher Migranten seien Kalender mit AfD-Logo und dem Titel „Die 12 schönsten Abschiebeflieger“ aufgetaucht. „Das besorgt uns natürlich.“ Um so wichtiger sei es, Hass und Intoleranz etwas entgegenzusetzen. Und das, griff er die Mahnung anderer Redner auf, müsse über diese Demonstration hinausreichen.

Klare Statements: Wie diese Demonstranten am August-Bebel-Platz bekannten sich viele Teilnehmer mit Plakaten zur Demokratie.
Klare Statements: Wie diese Demonstranten am August-Bebel-Platz bekannten sich viele Teilnehmer mit Plakaten zur Demokratie.
Foto: Annette Herold-Stolze

Vernetzungstreffen zu neuen Demos gegen Rechts in Halle

„Es ist dumm und brandgefährlich, die AfD für ein vorübergehendes Phänomen zu halten und die Gefahr für die Demokratie und die hier lebenden Menschen, die von ihr ausgeht, nicht ernst zu nehmen“, sagte Barbara Höckmann, Vorsitzende des Präsidiums des Landesverbandes der Arbeiterwohlfahrt (Awo).

„Wir brauchen strukturelle Maßnahmen zur Stärkung der Demokratie.“ Ein Verbotsverfahren müsse ernsthaft geprüft „und wenn irgend möglich eingeleitet“ werden. „Es muss uns gelingen, der falschen Gemeinschaft völkischer Ideologie eine echte Solidargemeinschaft entgegenzusetzen“, forderte Höckmann. „Eine Sparpolitik zu Lasten benachteiligter Menschen und zunehmende Ungleichheit lässt Solidarität bröckeln.“ Da gebe es für alle demokratischen Parteien, die Verantwortung tragen, „dringlichsten Handlungsbedarf“.

Gut drei Stunden zogen die Demonstranten an diesem Sonnabendnachmittag durch Halle – und immer wieder gab es den Aufruf, es nicht bei einmaligem Protest zu belassen, sondern auch im Alltag gegen Rechtsextremismus und für Demokratie einzutreten. Am Abend kamen auf Initiative von „Halle gegen Rechts“ Menschen im ehemaligen „Tekiez“ in der Ludwig-Wucherer-Straße zu einem Vernetzungstreffen zusammen.