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Altstadt-Wohnhaus Altstadt-Wohnhaus: Das Wunder vom Graseweg

Von Michael Falgowski 29.05.2016, 06:00
Das Graseweghaus gehört zu den bekanntesten Denkmalen Halles.
Das Graseweghaus gehört zu den bekanntesten Denkmalen Halles. Günter Bauer

Halle (Saale) - Das Graseweghaus ist wohl das bekannteste Wohnhaus der Stadt. Um das Jahr 1600 wurde es gebaut. So hat es jetzt ein Baurestaurator datiert, der das Denkmal untersucht hat, das zu den ganz wenigen erhaltenen Fachwerkhäusern Halles gehört. Denn das Graseweghaus, das Prestigeobjekt der Baudenkmalpflege der 1980er Jahre in Halle, wird ab nächster Woche saniert, ein Jahr lang. Die Sanierung ist nötig: Schäden an den Hölzern des Fachwerks sind mit bloßem Auge zu erkennen.

„Wir können nicht länger warten. Fassade, Fenster, Dach, die gesamte Haustechnik müssen dringend erneuert werden“, sagt Christian Zeigermann, Abteilungsleiter und Architekt beim Eigentümer HWG. Das städtische Wohnungsunternehmen hat den markanten Kopfbau im Zuge der Sanierung der sich anschließenden Plattenbauten an der Großen Klausstraße vorgezogen.

1,3 Millionen Euro

Die Denkmalsanierung soll 1,3 Millionen Euro kosten. Drei Wohnungen und ein Ladengeschäft werden vermietet. Die Außenwände werden innen gedämmt und für das Raumklima mit einem Lehmputz versehen. Eine Fußbodenheizung wird eingebaut, die schiefen Böden möglichst ausgeglichen. Alte Türen und eine historische Stuckdecke mit floralen Motiven bleiben erhalten.

Außerdem ist das 400 Jahre alte Haus an die Fernwärme angeschlossen und wird mit „Smarthome“-Technik ausgerüstet: An einem Panel, aber auch per Tablet, Computer oder Smartphone können Licht, Heizung, Klima und Jalousie gesteuert werden. „Das sind unsere ersten Wohnungen, die wir derart ausrüsten. Ein Pilotprojekt“, so Christian Zeigermann.

Ein 400 Jahre altes Haus, schiefe Wände und eine Steuerung der Haustechnik per Smartphone: Das Graseweghaus bleibt ein Haus voller Kontraste. Das ist es aber bereits. Denn es besteht eigentlich aus zwei Gebäuden. Weil 1985 beim unsachgemäßen Abriss des Nachbarhauses ein Teil des Denkmals einstürzte, bekam das ohnehin schwer angeschlagene mittelalterliche Haus einen ungewöhnlichen und nicht unumstrittenen Anbau, wie er im genormten DDR-Plattenwohnungsbau ganz sicher erstritten werden musste. Eine steinerne Wendeltreppe wurde im Neubauteil gebaut, der heute ebenfalls denkmalgeschützt ist. „Ohne diesen Bau stände das Graseweghaus heute nicht mehr“, sagt Christian Zeigermann.

„Sorgenkind der Baudenkmalpflege“

Tatsächlich war das Fachwerkhaus schon vorher ein „Sorgenkind der Baudenkmalpflege“, wie Stadtarchivar Ralf Jacob sagt. Bereits in den 1920er Jahren musste es gesichert und der Graseweg deswegen monatelang gesperrt werden. „1969 wurden sogar die Wohnungen geräumt und 1976 kam es zu einer behördlichen Abbruchgenehmigung, die jedoch nicht umgesetzt wurde.“ Auch eine private Initiative von Hallensern hatte es gegeben, das wertvolle Haus zu retten.

Dass die Rettung und teure Sanierung in der DDR geschah, erscheint heute beinahe als Wunder. Zu danken ist das vor allem wegen seines herausragenden Denkmalwertes. Denn als 1985 im Neubaugebiet Domplatz, zu dem der Graseweg gehörte, der Plattenbau-Wohnungsbau begann, hatte man für den großflächigen Abriss mehrere Häuser von der Denkmalliste gestrichen.

Verschonte Häuser

Verschont blieben nur die Häuser Große Klausstraße 11, Kleine Ulrichstraße 1 und eben das Graseweghaus. Aber selbst die beschlossene Sanierung bedeutete noch nicht die Rettung des Denkmals: Weil sich 1985 die Bauarbeiter weigerten, das nur noch vom Fachwerk gehaltene Haus zu betreten, legten unter anderem Architekt Hans-Otto Brambach und einige Hallenser selbst Hand an.

30 Jahre später beginnt nun die erneute Sanierung des Graseweghauses. Die Baugerüste sollen übrigens im Dezember wieder fallen. Im Advent sollen sich die Hallenser und Gäste der Altstadt an der erneuerten, mehr als 400 Jahre alten Fachwerk-Fassade erfreuen können.

Das Graseweghaus ist eine Mischung aus 400 Jahre altem Haus und einem Neubau von 1985. Beides steht unter Denkmalschutz.
Das Graseweghaus ist eine Mischung aus 400 Jahre altem Haus und einem Neubau von 1985. Beides steht unter Denkmalschutz.
Günter Bauer
1985 wurde das Haus (rechts) beim Abriss schwer beschädigt und provisorisch gestützt.
1985 wurde das Haus (rechts) beim Abriss schwer beschädigt und provisorisch gestützt.
HWG
Wendeltreppe aus den 1980er Jahren
Wendeltreppe aus den 1980er Jahren
Günter Bauer