Alte Preußin unter der Brücke
Halle/MZ. - Die drei Bildhauer aus Halle entschieden sich, selbst vor Ort zu fahren. "So konnten wir uns in den Steinbrüchen von Carrara in aller Ruhe einen geeigneten Marmorblock aussuchen", so Christoph Traub. Nach Halle kam das riesige Gestein schließlich, geschnitten in drei Einzelteile, per Sondertransport im Tieflader.
Der Grund für die Aktion: Die Bildhauer-Brüder benötigten Material für ein aufwändiges Projekt, das derzeit vor allem in Magdeburg auf großes Interesse stößt: Die originalgetreue Nachbildung einer zweieinhalb Meter hohen Statue der Königin Luise von Preußen. In der Landeshauptstadt wird sie vor allem verehrt, weil sie sich einst für den Verbleib der Stadt im Königreich Preußen einsetzte.
"Die ursprüngliche Figur stand bis in die 60er Jahre in einem Park in Magdeburg, wurde dann aber von übereifrigen Funktionären beseitigt", sagt Johannes Traub. Seit nunmehr einem Jahr sind er und seine Brüder dabei, die Figur neu herzustellen. Das Geld dafür stammt vorwiegend von privaten Spendern, so dass die Arbeiten auch nur stückchenweise vorankommen. Um genügend Platz für das Riesen-Projekt zu haben, pachteten die Traubs ein Gelände unterhalb der Kröllwitzer Brücke von der Stadt. Schließlich misst die Figur mit Sockel etwa fünf Meter.
Mittlerweile schälen sich dort aus dem Marmorblock bereits erste Konturen heraus. Die Figur, wie sie später einmal aussehen soll, steht als Gipsmodell in Originalgröße daneben. Letzteres soll Orientierung bieten. So werden von dort mit einer Punktiermaschine bestimmte Abmessungen auf den unbearbeiteten Marmorblock übertragen. "Marmor ist für Bildhauer ein sehr reizvolles Material. Er ist hart, aber nicht spröde, und seine Konturen sehen nach der Bearbeitung schön weich aus", so Traub.
Bildhauer-Arbeit ist körperlich durchaus anstrengend. Anfangs müssen sich die Künstler wie Hightech-Handwerker mit Bohrmaschine, Spaltkeil und sogar einem Presslufthammer durch das Material arbeiten. "Später werden die Werkzeuge immer feiner", erklärt Markus Traub, so dass zum Schluss mit ganz feinen Zahnarztfräsen gearbeitet wird. Die Kunst besteht in dieser Phase darin, etwa ein Rosenblatt so zu modellieren, dass es tatsächlich wie ein natürliches Rosenblatt aussieht. Mit Marmor sind die Ergebnisse wesentlich feingliedriger als mit Gips.
Wie lange die Brüder noch mit ihrer Luise-Figur beschäftigt sein werden, ist offen. Das hängt davon ab, wie schnell weitere Spendengelder eingeworben werden. Eines ist jedenfalls jetzt schon gewiss: Auch der Transport der Figur nach Magdeburg wird ein schwieriges Unterfangen. Zwar übernimmt diese Aufgabe ein Spezialunternehmen. Dennoch besteht natürlich ein gewisses Risiko, dass die Figur durch Erschütterungen beschädigt wird. Die drei Künstler sind sich auch darin einig: "Wir werden Blut und Wasser schwitzen".