Adventskalender Halle Tür Nr. 1 Adventskalender Halle Tür Nr. 1: Pfarrerin Heyser aus der Pfarrstraße

Halle (Saale) - Alles Gute beginnt im Norden, jedenfalls zu Weihnachten. Der Weihnachtsmann soll angeblich von Nord-Finnland aus zu seiner Geschenkmission aufbrechen und Maria und Josef kommen bekanntlich aus nördlicher Richtung nach Bethlehem. Wo kann also eine hallesche Adventsserie, die „Türchen“ öffnen will, anders beginnen als im Norden der Stadt? Die Expedition startet in Trotha. Nur ein paar Schritte von der lauten Hauptverkehrsachse, der Trothaer Straße, entfernt, liegt die Pfarrstraße. Wenn das kein gutes Omen ist! Jetzt wird nur noch die passende Hausnummer gesucht für den 1. Dezember. Die Pfarrstraße Nummer 1 also. Was für ein Haus mag das sein? Die Suche beginnt.
Auf dem Weg durch die kurze, mit Kopfsteinpflaster gedeckte Straße fällt ein Schild an einer Gartenmauer ins Auge: „Pfarrhaus“. Das passte ja, dass in der Pfarrstraße ein Pfarrer wohnt. Leider in der Nummer fünf, schade. Trotzdem mal fragen? Klar. Es öffnet allerdings kein Pfarrer sondern eine Pfarrerin, Kristin Heyser heißt sie.
Die Mitteldeutsche Zeitung begleitet die Adventszeit mit einer speziellen Aktion, die einen überraschenden oder originellen Zugang bietet, zu ganz normalen, aber dabei immer auch besonderen Leuten. Und zu all den interessanten Geschichten, die sie zu erzählen haben.
Auf der Suche nach solchen Geschichten durchquert Advents-Reporter Oliver Müller-Lorey die Stadt - und klingelt dort an Türen. An welchen, das bestimmt weitestgehend der Zufall. Aber doch nicht ganz, denn gesucht wird ein Haus mit der Hausnummer, die mit dem jeweiligen Dezember-Datum übereinstimmt.
Oliver Müller-Lorey hat viele Fragen, an die Leute die dort wohnen: Was war ihr kuriosestes Weihnachtserlebnis? Was ihr schönstes Weihnachtsgeschenk als Kind? Wie bereiten sie sich auf Heiligabend vor? Was gibt es an den Festtagen bei ihnen zu essen?
Weiß sie, wo die Pfarrstraße Nummer 1 ist? Und ob sie das weiß, denn es ist - Überraschung - die Kirche schräg rüber. Kristin Heyser holt den Schlüssel und zwei Minuten später schließt sie die große, schwere Pforte des spätromanischen Gotteshauses auf und setzt sich in die vorderste Reihe der schlichten aber dennoch wunderschönen Kirche. Prunk und Protz fehlen hier, selbst für ein evangelisches Gotteshaus ist sie sehr einfach gebaut. „Das liegt daran, dass das eine alte Dorfkirche ist“, sagt Kristin Heyser.
Die Briccius-Kirche ist im zwölften Jahrhundert geweiht worden und hat früher zum Fischerdorf Trotha gehört, lange bevor der Stadtteil nach Halle eingemeindet wurde. „Vermutet wird sogar eine Vorgängerkirche aus der Zeit Karls des Großen“, erzählt sie. Was ihr als Pfarrerin vor allem daran gefällt ist, „dass der Abstand zwischen dem Altar und den Bänken nicht so groß ist“.
Zusätzlich zu den spannenden Geschichten, die die Menschen hinter den „Türchen“ zu erzählen haben, hat MZ-Reporter Oliver Müller-Lorey etwas vorbereitet: Als Erinnerung an die jeweilige Geschichte hängt jeder Besuchte einen ganz persönlichen Gegenstand an den Weihnachtsbaum, den der Reporter zu den Leuten mitbringt.
Auf der Facebook-Seite der MZ-Halle können Sie täglich verfolgen, was für weihnachtliche oder kuriose Gegenstände das sind und in einem kurzen Text lesen, was es damit auf sich hat. Der erste Baumschmuck von Pfarrerin Kristin Heyser ist ungewöhnlich. Sie hängt eine Baumwollwindel an den noch ganz kahlen Tannenbaum. „Die Windel spielt eine wichtige Rolle in der Weihnachtsgeschichte“, erklärt die Pfarrerin.
Wenn eine Mutter auch auf vieles verzichten könne, auf eine Windel für ihr Baby sei sie immer angewiesen. Das gelte auch heute noch, in Zeiten, in denen zum Beispiel in Syrien viele Mütter fliehen müssten und nur das Nötigste für ihre Kinder mitnehmen könnten. Auch beim Krippenspiel in der Trothaer Kirche liegt in der Krippe eine Windel, in Erinnerung an die Weihnachtsgeschichte. (OML)
Dass sie in der Pfarrstraße wohnt und arbeitet, findet die 54-Jährige ganz normal. Immerhin seien ja auch sonst viele Straßen und Plätzen nach markanten Gebäuden benannt. Doch es gibt auch viele Namen, die nur noch Geschichte sind, wie bei der Gerberstraße, wo heute die MDR-Hörfunkzentrale steht. Dort wird längst kein Fell mehr verarbeitet. Und Bäcker-, Schneider- oder Müllerstraßen gibt es in der Saalestadt gar nicht. Oder nicht mehr?
Eine Pfarrerin in der Pfarrstraße muss am besten wissen, wie man die Adventszeit verbringt. Ihr Tipp? „Das Wichtigste ist, dass man sich Zeit nimmt und zur Ruhe kommt“, sagt sie - und erinnert sich, wie sie es als Kind erlebt hat. Mit „Schummerstündchen“ bei Kerzenlicht, Adventskiste auspacken und den Geschichten der Mutter lauschen.
So, sagt sie, habe sie es fortgeführt. Und so könne sie es jedem nur empfehlen.
Morgen lesen Sie, welche Geschichte sich in der Weststraße 2 hinter der Tür einer Videothek verbirgt. (mz)


