Abendkleider unter den Arkaden
Halle/MZ. - Der Ackerbürgerhof in der Großen Klausstraße hat eine lange, bewegte Geschichte. So war das Haus im Domviertel im zwölften Jahrhundert das Zuhause eines Stadtritters. Später kehrten Goethe und auch Händel dort ein. Nach der
Wende konnte das marode Gebäude-Ensemble dank glücklicher Umstände und zähem Engagements erhalten werden - in das malerisch verwinkelte, denkmalgeschützte Anwesen zog eine Gaststätte ein. Und nun wird das historische Gemäuer wohl zum ersten Mal zur Modemanufaktur - am 26. April eröffnet Designerin Susan Kottwitz dort ihren Firmensitz.
Schon das breite, schwere Eingangstor ist ein Blickfang für sich. Gleich dahinter beginnt der Verkaufsbereich. Geht man weiter, erreicht man über drei Stufen den mit Glas überdachten Hof. "Unter den Arkaden werden neben der aktuellen Kollektion auch die Abendkleider präsentiert", erzählt Susan Kottwitz, die glücklich ist, nach dem Auszug der Wirtsleute vor ein paar Monaten den Ackerbürgerhof nun ganz für sich zu haben. Denn die 41-jährige Hallenserin produziert seit drei Jahren in den oberen Räumen von ihr entworfene Kleider, Mäntel, Jacken, Blusen und Röcke. Beim Blick aus den Fenstern über dem Hof habe sie sich immer gewünscht, das reizvolle Haus als Manufaktur einzurichten.
Nun sind die Handwerker dabei, die untere Etage zu renovieren - darunter den ehemaligen Rittersaal mit mächtiger romanischer Säule, in dem künftig Stoffe präsentiert werden. "Der Raum gehört zum zweitältesten Wohnturm der Stadt", erzählt Susan Kottwitz.
Die Modemacherin, die 1990 in einem Hinterhaus in der Ludwig-Wucherer-Straße angefangen hatte und dann zur Großen Klausstraße gezogen war, ist bekannt für edle Materialien und extravagante Schnitte. Mittlerweile kommen Kundinnen aus ganz Deutschland nach Halle, um ihre Mode zu kaufen. Und längst ist die Designerin nicht nur Stammausstellerin auf der größten deutschen Modemesse in Düsseldorf. Sie hat ihre Kollektionen auch schon in den USA, in Holland und Italien gezeigt. Nächstes Jahr will sie einen kühnen Plan verwirklichen und bei der Messe aller Messen dabei sein: "Das Bewerbungsformular für Paris liegt auf dem Schreibtisch." Moskau, Schweden, Dänemark und Norwegen sind weitere Ziele der Frau, die sich schon mit 14 Jahren ihre Kleidung selbst nähte.
Derzeit bereitet Susan Kottwitz die Kollektion für den Sommer 2009 vor; erst kürzlich hat sie dafür in Paris Stoffe eingekauft. Nun werde entworfen und genäht. Künftig würden die Konfektions-Schnitte am eigenen Computer erstellt und nicht mehr bei fremden Firmen. "Eine Mitarbeiterin hat sich diese Technik ein Jahr lang in Hamburg angeeignet", erzählt sie.
Trotz neuen Domizils und moderner Technik bleibe ihre Mode bezahlbar, auch für die Hallenserinnen. Darauf legt Susan Kottwitz, die von ihrem Mann Jörg-Thoralf unterstützt wird, großen Wert. Und niemals würde sie von Halle weggehen, schon gar nicht, wo sich nun ihr Traum von einem eigenen Firmensitz in ungewöhnlichem Ambiente erfüllt hat.