28. September 28. September: Häuser saufen ab

Kabelsketal/MZ. - Swen Madalschek wartet. Und hofft. Einen halben Meter hoch steht das Wasser in seinem Keller in Kleinkugel, einem Ortsteil von Kabelsketal im Saalekreis. Es ist Dienstagmittag, und dem 38-Jährigen bleibt nichts anderes übrig, als geduldig zu sein. Noch weiß er nicht, welche Schäden das Hochwasser an seinem Haus angerichtet hat.
Sicher ist, dass er sich ein neues Auto zulegen muss. "Das Wasser ist innerhalb einer halben Stunde so schnell angestiegen, dass ich den Wagen nicht mehr in Sicherheit bringen konnte." Am Montagabend hatte er noch Sandsäcke von der Feuerwehr ran geholt und mit seinem Sohn versucht, die Garageneinfahrt zu schützen. Die Pumpen liefen auf Hochtouren. Es half nichts. Auch aus dem ebenerdigen Keller hat er nichts retten können.
Nicht weit von hier verläuft die Kabelske, ein Bach, der sonst maximal einen Meter breit ist. Wegen des Dauerregens der vergangenen Tage konnte das Wasser jedoch nicht schnell genug abfließen, trat über die Ufer. Äcker gleichen nun Seenlandschaften. Wegen Überflutungen sind Straßen gesperrt. Wie Kleinkugel stehen sechs weitere Ortsteile von Kabelsketal teilweise knietief unter Wasser. In Benndorf sind einige Familien in ihren Häusern eingeschlossen. Mehrere Bewohner haben eine schlaflose Nacht hinter sich, in der sie Keller wischten und Türen mit Sandsäcken verbarrikadierten. Die Feuerwehren sind im Dauereinsatz.
Swen Madalschek kommt wenigstens noch mit Gummistiefeln an sein Haus. Wie ein kleiner See steht das Wasser im Ortskern von Kleinkugel - der Dorfteich ist kaum noch als solcher zu erkennen. Und so bleibt einigen nur das Schlauchboot. Wie Steffen Wandkowsky. Der 29-Jährige hat es eilig, er muss zur Arbeit. Die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Zwintschöna bringen ihn von der einen "Uferseite" zur anderen.
"Wir haben den ganzen Vormittag geschuftet", sagt er. Der Schuppen im Garten steht unter Wasser, der Keller des Hauses ist bislang trocken geblieben - er hat ihn mit seinen Eltern aber vorsichtshalber geräumt. Seit dem Morgen holen Feuerwehrleute Menschen aus den Häusern, in denen es teils keinen Strom mehr gibt und Heizungen defekt sind. Mitunter läuft das Wasser sogar in die Wohnungen. "Mehrere Gebäude in Kleinkugel und Dölbau mussten evakuiert werden", erklärt Wehrleiter Karsten Stephan. 25 000 Sandsäcke seien befüllt worden. Immer wieder müssen Autos aus dem Wasser gezogen werden, weil Straßensperrungen nicht beachtet werden.
"So etwas Extremes hatten wir nicht erwartet und auch noch nie erlebt", sagt Steve Hartung. Auch im Haus seiner Familie in Kleinkugel steht der Keller unter Wasser. "Selbst mein Vater, der nach dem Krieg hierher gezogen ist, kennt so etwas nicht", erzählt Swen Madalschek. Im Ort kursiert das Gerücht, dass der Flughafen Leipzig / Halle seine Wasserrückhaltebecken geöffnet habe. Ein Airport-Sprecher widerspricht dem jedoch.
Derweil hat das Hochwasser der Kabelske auch die Kleingärtner der Anlage "Am Wiesengrund" im halleschen Ortsteil Kanena hart erwischt. Das Wasser stehe 50 bis 60 Zentimeter hoch, berichtet Vereinschef Manfred Rockstroh. "Wir kommen derzeit gar nicht an die Gärten heran." Fast alle 134 Parzellen seien betroffen. Welche Schäden die Flut angerichtet hat, sei bisher nicht abschätzbar. Es sei bereits die vierte Überschwemmung in der Anlage in diesem Jahr. "Aber keine war so schlimm wie diese." Viele seiner Vereinskollegen resignierten bereits, erzählt er. "Einige wollen ihre Gärten jetzt aufgeben und sie unter diesen Umständen nicht weiter bewirtschaften."

