125 Jahre Varieté in Halle 125 Jahre Varieté in Halle: Große Show

HALLE (Saale)/MZ - 1889 wurde in Paris nicht nur der Eiffelturm eröffnet, sondern auch ein Varieté mit einer roten Mühle auf dem Dach. Das war im Oktober, vor fast 125 Jahren. Doch als das weltberühmte „Moulin Rouge“ aufmachte, war das am 1. Februar eröffnete „Walhalla-Theater“ in Halle bereits seit mehr als einem halben Jahr eine beliebte Varieté-Bühne. „Das Steintor ist damit das älteste Varieté-Haus der Welt“, sagt Erik Neumann. Der Historiker hat im Stadtmuseum eine ungewöhnliche Ausstellung über Halles Tempel der leichten Muse kuratiert. Am Freitag wird die Schau mit dem angemessenen, aber wenig musealen Titel „Tempo! Humor! Schöne Frauen! Spitzenleistungen!“ eröffnet.
Kostüme, alte Programmhefte, fantasievolle Bildarrangements
Zehn große Leuchttafeln geben den Rhythmus der Ausstellung vor, die sich auf die Galerie und das Foyer des Museums verteilt. Kostüme, alte Programmhefte, fantasievolle Bildarrangements, historische Plakate und Filmsequenzen erzählen - stets mit gesellschaftlichem Hintergrund - die Geschichte der großen Show in Halle. Die erste Sensation: Das Varieté ist sogar noch älter als 125 Jahre! In Vorbereitung der Ausstellung fand sich ein Programm-Zettel, wonach „Manley’s Théatre Varieté“ bereits 1868 in dem Haus gastierte, das im gleichen Jahr als Reithalle des Pferdehändlers Lözius eröffnet wurde. Ungeahnte Möglichkeiten: „Wir feiern jetzt also das 125. Jubiläum, können nun aber schon in vier Jahren das 150. feiern“, sagt Rudenz Schramm lachend, langjähriger Varietéleiter und einer der Besitzer der privaten Bühne.
Die Sonderausstellung beschränkt sich zunächst auf 125 Jahre „Spitzenleistungen“. Und das reicht ja auch bei einer Bühne, die schon alles gesehen hat. Eine Elefanten-Dressur beispielsweise! Unter anderem diente das „Walhalla“ auch als ernstes Stadttheater, als Kino und Ringkampfarena, war Zirkusarena und nach 1914 auch die Operetten-Bühne Halles. Die Reihe berühmter Steintor-Künstler ist lang: Carl Valentin und Clown Charlie Rivel etwa gastierten. In den 20er Jahren, den „Goldenen des Varietés“, gastierte Otto Reutter und der Jongleur Enrico Rastelli verzauberte das Publikum.
Ein hoher Wiedererkennungswert
Die Ausstellung hat einen hohen Wiedererkennungswert für Besucher jeden Alters. Für Hallenser sowieso. Denn das seit 1943 als „Steintor-Varieté“ geführte Haus war neben dem Friedrichstadtpalast in Berlin das einzige Varieté-Theater der DDR und so auch Heimat der DDR-Unterhaltungskunst. Alle standen irgendwann auf der Bühne: von Komiker Eberhard Cohrs über Manfred Krug bis zu Frank Schöbel. O.F. Weidling und Heinz Quermann plauderten, Heinz Rennhack kalauerte, Hauff und Henkler trällerten. Selbst Weststars kamen: Katja Ebstein, Rex Gildo und Roy Black. An legendäre Steintor-Klassiker wie die Hesse-Revue „Tanz im Wandel der Zeiten“ von Friedel und Rob Hesse können sich viele Hallenser erinnern.
Noch mehr sicher an „Hoppel-Poppel“. 1956 begannen die Weihnachts-Revuen, die fast jedes Schulkind besuchte und die zunächst noch andere Helden als die heute noch immer beliebten Fuchs und Hase hatten - „Flix und Flax“ etwa. Die ungewöhnliche Steintor-Ausstellung ist ein Projekt von Stadtmuseum und Steintor-Förderverein um Rudenz Schramm. Sie war eine gemeinsame Idee. „Die Geschichte dieses Varietés gehört einfach in das Stadtmuseum“, sagt Museumsdirektorin Jane Unger.

