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Hintergründe zur OB-Wahl in Halle Hat Vogt im Rat „falsch“ abgestimmt? Warum AfD mit Stichwahl hadert

Halles Bürgermeister Egbert Geier (SPD) hat den ersten OB-Wahlgang gewonnen. Doch von einer absoluten Mehrheit ist er weit entfernt. Stichwahl-Konkurrent Alexander Vogt (parteilos) könnte Unterstützung von Rechts bekommen, doch es gibt offenbar ein Problem.

Von Jonas Nayda 03.02.2025, 18:30
Alexander Vogt (parteilos) am Wahlabend bei seiner Wahlkampfparty im "Wenzel" - er ist nun auf der Suche nach Unterstützern für die Stichwahl.
Alexander Vogt (parteilos) am Wahlabend bei seiner Wahlkampfparty im "Wenzel" - er ist nun auf der Suche nach Unterstützern für die Stichwahl. (Foto: Marvin Matzulla)

Halle (Saale)/MZ. - Der erste Wahlgang für einen neuen halleschen Oberbürgermeister ist Geschichte. Der Wirbel legt sich langsam, und bei manch einem Wahlkämpfer dürfte Katerstimmung herrschen. Der Blick auf die politische Stadtkarte zeigt, dass SPD-Mann Egbert Geier nahezu überall die meisten Stimmen geholt hat. Aber wie geht es jetzt weiter? Während einige Parteien Geier ihre Unterstützung zugesagt haben, sind andere noch unentschlossen. Der parteiunabhängige Kandidat Alexander Vogt, könnte auf Stimmen der AfD hoffen. Doch von der Seite kommen hinter vorgehaltener Hand plötzlich ganz andere Töne.

Das Wahlergebnis zeigt: Außer in wenigen Außenbezirken hat Bürgermeister Geier seine Konkurrenten mitunter deutlich abgehängt. Doch von einer absoluten Mehrheit war er noch weit entfernt. Nun kommt es darauf an, wer von beiden Stichwahlkandidaten bis zum 23. Februar mehr Oberwasser gewinnen kann. Und auf das Verhalten anderer Parteien. Viele Blicke richten sich auf die AfD, der in Halle ein Wählerpotenzial von bis zu 25 Prozent nachgesagt wird.

Das sagt AfD-Chef Alexander Raue

„Ich gratuliere zunächst einmal beiden Kandidaten, die es in die Stichwahl geschafft haben“, sagt Halles AfD-Sprecher Alexander Raue auf MZ-Anfrage. Er hatte seine eigene OB-Bewerbung im November kurzfristig wieder zurückgezogen, um stattdessen für den Bundestag zu kandidieren. Welche Rolle die AfD-Wähler nun im ersten Wahlgang der OB-Wahl gespielt haben, könne er nicht genau sagen. Die Wahlbeteiligung von 47,5 Prozent lege jedoch nahe, dass einige auf die Stimmabgabe verzichtet haben, sagt Raue.

Ob die AfD möglicherweise noch eine Wahlempfehlung für die Stichwahl ausspricht, stehe noch nicht fest. Aktuell wolle er sich zu der Frage nicht äußern, sagt Raue. Es sei aber auch innerhalb der Partei noch nicht abschließend thematisiert worden.

Warum die AfD hadert

Dass die AfD Geier unterstützt, gilt als ausgeschlossen. Nach MZ-Informationen hadern aber auch einige AfD-Verantwortlichen damit, offiziell dem parteilosen Alexander Vogt beizustehen. Er hatte sich im Stadtrat unter anderem bei einem für die AfD wichtigen Thema – dem Verkauf des linksalternativen Kulturzentrums „Reil 78“ – enthalten und auch dem Neubau des islamischen Kulturzentrums keine eindeutige Absage erteilt. Beides sorgte dem Vernehmen nach bei der AfD für Unmut.

Keine Unterstützung für einen Kandidaten kommt offiziell auch von der Wählergruppe „Hauptsache Halle“. Es werde keine Wahlempfehlung geben, „weil keiner von beiden tragfähige und glaubwürdige Lösungen anbietet“, sagt Andreas Wels, unterlegener OB-Kandidat und 2. Vereinsvorsitzender. Außerdem könne eine Wahlempfehlung als politische Unterstützung gewertet werden, für die eine Gegenleistung erwartet werden könnte. Und auf so etwas wolle er sich nicht einlassen, sagt Wels am Montag.

Haltung der CDU noch unklar

Wie sich die CDU zur Stichwahl positioniert, ist noch unklar. Eine für Montagabend angesetzte Vorstandssitzung des Parteivorstands war bis Redaktionsschluss noch nicht beendet. Nach MZ-Informationen bestehen zwischen Geier und der CDU-Führung gute Kontakte. Vogt und die CDU sind hingegen seit Monaten zerstritten (die MZ berichtete).

Andreas Silbersack, stellvertretender FDP-Kreisvorsitzender, sagte auf MZ-Anfrage, dass seine Partei sich – wie auch schon zum ersten Wahlgang – nicht positionieren werde. Er persönlich bedauere zwar das Ausscheiden von Kerstin Godenrath, er arbeite aber auch sehr gut mit Bürgermeister Geier zusammen, der laut Silbersack seit vielen Jahren beweisen würde, die Stadt zusammenführen zu können und alle gesellschaftlichen Gruppen mit einzubeziehen.

Dass Linke, Grüne und auch die kleine Partei „Volt“ offiziell die SPD unterstützen, war bereits länger bekannt. Vor allem Linke und Grüne kündigten an, bis zur Stichwahl noch einmal Wahlkampfhilfe zu leisten. Doch ob aus dieser Richtung noch zusätzliche Stimmen zu erwarten sind, erscheint ungewiss. In den traditionellen Linken- oder Grünen-Hochburgen der Stadt (beispielsweise Paulusviertel oder Giebichenstein) könnte Geier schon im ersten Wahlgang fast das komplette Wählerpotenzial erreicht haben. Dort war die Wahlbeteiligung auch recht hoch.

Die SPD geht zum Angriff über

Halles SPD-Stadtverbandschef Peter Dehn zeigt sich am Montag optimistisch. Die insgesamt 32.540 Stimmen für Geier seien ein überzeugender Vertrauensbeweis für ihn. „Er hat mehr Stimmen erhalten, als die beiden nächststarken Bewerber zusammen. Und das bei einem Bewerberfeld mit insgesamt neun Kandidaten.“ Die SPD sei überzeugt, dass in der Stichwahl „die Stärken des erfahrenen, kompetenten und zukunftsorientierten jetzigen Bürgermeisters noch deutlicher werden“. Und in Richtung Vogt, der plakativ mit seinem Hund und seinem Geburtsort Halle-Neustadt geworben hatte, sagt Dehn: „Hunde und Geburtsurkunden mögen im Wahlkampf lustig sein, über die Qualifikation für ein Amt sagen sie nichts aus.“

Die Bundestagswahl lenke naturgemäß den Fokus von der OB-Wahl ab. „Das ist bedauerlich, weil es der Bedeutung des Amtes für unsere Stadt nicht gerecht wird“, sagt Dehn. Aber bei der Stichwahl handele es sich um eine Personenentscheidung, deshalb erwarte die SPD „keine wesentlichen Auswirkungen“.

OB-Kandidat Vogt hat am Montag die MZ-Fragen mit Blick auf die Stichwahl unbeantwortet gelassen. Er wolle sich zuerst noch mit seinem Team abstimmen, er benötige noch Zeit, sagte er. Unklar bleibt deshalb vorerst, welchen Fokus er auf die potenziellen AfD-Wähler legt und wie er versuchen möchte, SPD-Mann Geier zu überholen.

Eine durchaus bemerkenswerte Unterstützung scheint Vogt indes sicher zu sein. Auf seiner Wahlparty am Sonntag wurden Personen aus dem Umkreis des Ex-OB Bernd Wiegand (parteilos) gesehen – unter anderem Wiegands ehemalige Wirtschaftsreferentin Manuela Hinniger. Dass es nicht unmöglich ist, als Zweitplatzierter eine Stichwahl zu gewinnen, hat Wiegand 2012 gezeigt. Damals setzte er sich gegen Bernhard Bönisch (CDU) durch, der den ersten Wahlgang gewonnen hatte.