Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Nummer 511 ist Spitzenklasse
BURGSDORF/MZ. - "Solch eine erfolgreiche Brieftaube hatte ich noch nie", sagt der 61-jährige Züchter mit stolz geschwellter Brust.
Den Vogel schoss die Nr. 511 bei einem 600-Kilometer-Flug aus Rekken in Belgien ab. Von rund 8 000 aufgelassenen Tauben kam sie als zweitschnellste ins Ziel. In der Wertung der Fluggemeinschaft Nebra, Sangerhausen und Eisleben, zu der Jung gehört, belegte sie sogar den ersten Platz. Sie lag dabei weit vor ihren Konkurrenten.
Diese Erfolge der zweijährigen Taube aus der Zuchtlinie Van Dyck haben natürlich andere Bewerber registriert. Und es wurden Begehrlichkeiten geweckt. Bereits mehr als 6 000 Euro hat man Jung für seine Spitzentaube geboten, die er als Jungtier von Gerhard Michel aus Polleben geschenkt bekam.
Aus ganz Deutschland seien die Anfragen gekommen, berichtet der Züchter, der früher als Fleischer gearbeitet hat. "Doch ich verkaufe nicht", wehrt Jung alle Nachfragen rigoros ab. Er bringt die Nr. 511 lieber zur Zucht, um seine eigenen Bestand weiter auszubauen. Fast 80 Tauben sind derzeit in seinen Schlägen untergebracht, zahlreiche Jungtiere hat er dazugekauft, darunter Prange-Tauben, Vlommen und Vandenabele. Die Namen verweisen auf die Züchterlinie.
Dass er und andere Züchter mehr Tiere als sonst halten, hängt auch mit den zunehmenden Verlusten zusammen. Insbesondere die Habichte würden großen Schaden verursachen. Diese Greifvögel stehen jedoch europaweit unter Naturschutz und hätten sich enorm vermehrt, beklagt der Burgsdorfer. "Das ist für uns tödlich", so der Züchter. Nicht wenige Brieftaubenfreunde hätten den Sport aus diesem Grund aufgegeben.
Auf ihren Beutezügen würden die Habichte bis in die Taubenschläge vordringen. Erst kürzlich habe ein Greifvogel auf seinem Hof zahlreiche Jungtiere angegriffen und verletzt, berichtet Jung. "Es wird von Jahr zu Jahr schlimmer", sagt er. Ein Problem, das die Brieftaubenzüchter in ganz Deutschland bewegt, wie zahlreiche Beiträge in der Fachzeitschrift des Verbandes "Die Brieftaube" belegen.
Auch deswegen wartet Dittmar Jung jedes Mal, wenn seine Tauben zum Wettbewerb aufgelassen werden, voller Bangen, ob denn alle auch zurückkehren. Wie schnell eine "Brieftauben-Karriere" zu Ende sein kann, hat er im vergangenen Jahr gespürt. Damals besaß er schon ein Tier, dass ähnliche Erfolge vorzuweisen hatte wie seine jetzigen Spitzentaube. Als er diese Taube zur Zucht nehmen wollte, war sie plötzlich verschwunden. Jung vermutet, dass ein Habicht den wertvollen Vogel holte.
Dass ist für die Züchter umso ärgerlicher, da sie nicht nur Zeit, sondern auch eine Menge Geld in ihren Sport stecken. Dazu zählt die jährliche Impfung gegen die heimtückische Paramyxovirose, eine Art Geflügelpest, die unheilbar ist. Außerdem bekommen die Tauben ein spezielles Kraftfutter. Die Mischung sei jeweils auf die Distanz abgestimmt, die sie zu bewältigen haben, so Jung. Damit keiner unzulässige Mittel verwendet, um die Ausdauer der Tiere zu erhöhen, gibt es in jeder Reisevereinigung einen Dopingbeauftragten. Und wie bei Spitzensportlern kommen auch sie regelmäßig und unangemeldet zu Kontrollen.
Wenn sie fündig werden, droht eine Sperre. "Viele sind deshalb auch schon suspendiert worden", räumt Jung ein, der diese Praktiken verabscheut. Und das auch er auch schon seiner zwölfjährigen Enkelin Silja mit auf den Weg gegeben hat. Sie ist die jüngste Züchterin in der Reisevereinigung und will eines Tages auch mal solch eine Super-Taube wie die Nr. 511 besitzen.