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Im Tal der Ahnungslosen  Im Tal der Ahnungslosen : Stedten beim Breitbandausbau vergessen

Von Fabian Wagener 05.12.2018, 06:00
Bemotec-Chef Jens Lathan steht in seinem Büro. Auf einem der Bildschirme: eine Fehlermeldung.
Bemotec-Chef Jens Lathan steht in seinem Büro. Auf einem der Bildschirme: eine Fehlermeldung. Lukaschek

Stedten - Jens Lathan sitzt am Schreibtisch in seinem Büro in Stedten, vor ihm zwei Computerbildschirme, davor die Tastatur. Das Zimmer ist modern und geräumig, es gibt eine Sitzecke mit Sofas, einen Tisch für Besprechungen.

Beste Bedingungen also für Lathan und seine Firma Bemotec, die in ganz Deutschland Labor- und Schuleinrichtungen montiert? Leider nicht, sagt der Geschäftsführer. Denn wenn Lathan Mails an Geschäftspartner oder Mitarbeiter verschicken will, dann läuft das alles andere als reibungslos.

Der Grund: Das Internet ist viel zu langsam. Die Anhänge in den Mails müsse er oft stückeln, damit es überhaupt funktioniert, erzählt Lathan. Seine Geschäftspartner bekommen dann manchmal mehrere Mails mit Inhalten, die eigentlich zu einem Projekt gehören. „Das kommt natürlich sehr unprofessionell rüber“, sagt Lathan.

800 Einwohner nicht berücksichtigt

Kein Wunder also, dass Lathan darauf hofft, dass der Ort endlich schnelles Internet bekommt. Und kein Wunder, dass er in diesem Zusammenhang - gelinde gesagt - etwas angesäuert ist.

Allstedt: 23

Hettstedt: 46

Eisleben: 97

Arnstein: 118

Mansfelder Grund-Helbra: 70

Südharz: 114

Gerbstedt: 388

Sangerhausen: 195

Goldene Aue: 433

Mansfeld: 344

Seegebiet Mansf. Land: 827

Denn bei der Planung des Breitbandausbaus im Landkreis sind mehr als 2.600 Adressen schlicht nicht bedacht worden - und Stedten hat es besonders erwischt: Der ganze Ort mit seinen etwa 800 Einwohnern wurde vergessen.

Unternehmer Lathan ist nicht der einzige, bei dem das Kopfschütteln auslöst. „Man fühlt sich abgekoppelt von der Welt“, sagt Hans-Peter Hartmann, der an einem regnerischen Abend Ende November mit anderen Bürgern im Mehrzweckgebäude in Stedten sitzt, es gibt frisch aufgebrühten Kaffee.

„Es muss nicht Glasfaser bis zu den Häusern liegen“

Die Situation, sagen sie unisono, sei so nicht tragbar. Sie berichten von Internet im Schneckentempo, von Verbindungen, die zusammenbrechen, wenn zwei Personen gleichzeitig im Netz sind.

Und sie erzählen von Plakaten, die jüngst im Ort hingen und für Internetanschlüsse mit Geschwindigkeiten von 250 Mbit pro Sekunde warben. Nach einem Anruf dann die Ernüchterung: Nein, das Angebot gebe es doch nicht. „Zwei Tage später waren die Plakate weg“, sagt Anita Hartmann.

Dabei ist es nicht so, dass sie in Stedten nach dem Allerfeinsten rufen, nach den allerschnellsten Anschlüssen. 50 Mbit pro Sekunde, das wäre schon völlig in Ordnung, sagen sie.

„Es muss nicht Glasfaser bis zu den Häusern liegen“, sagt Hans-Peter Hartmann. Die Befürchtung aber ist: Mit der Panne dauert alles noch länger. „Es muss eine Lösung gefunden werden“, sagt Anita Hartmann.

Flächendeckendes Glasfasernetz bis Ende 2019

Laut Sprecher Uwe Gajowski arbeitet der Landkreis genau daran. In den nächsten Tagen werde ein Förderantrag gestellt für den Breitbandausbau an Schulen und die vergessenen Adresspunkte.

Dabei gehe es um einen Komplettausbau mit Glasfaser. „Wir hoffen, dass die vergessenen Punkte bis Ende 2019 mit ausgebaut sind und durch die Planungsfehler keine Zeitverzögerung entsteht“, sagt Gajowski.

Die Schwierigkeit: Während der Bund für den Ausbau 70 Prozent zahlt, ist die Finanzierung des Rests noch unklar. Der Kreis sieht dabei das Land in der Pflicht, da die vom Land zugeteilten Beratungsfirmen für die Panne verantwortlich seien.

„Es ist die Erwartungshaltung, dass das Land für den Fehler geradesteht“, sagt Gajowski. Dass mit Stedten ein ganzer Ort vergessen wurde, habe wohl daran gelegen, dass der Ort unter einer falschen Vorwahl verzeichnet und dem Saalekreis zugeordnet worden sei.

Unternehmen könnten wegen schlechten Internet wegziehen

Die Gründe für die Panne dürften vielen Bürgern in Stedten indes nicht so wichtig sein. Sie wollen vielmehr, dass es vorangeht. „Ohne schnelles Internet kann man heute nicht mehr arbeiten“, sagt Unternehmer Lathan.

Er schaue sich bereits nach Objekten in Orten um, in denen das Internet schneller sei. „Ich spiele mit dem Gedanken, abzuwandern“, sagt er. „Die Situation hier ist ein riesiger Standortnachteil.“

(mz)