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Hotel "Goldenes Schiff" in Eisleben Hotel "Goldenes Schiff" in Eisleben: Wo einst Richard Wagner Station machte

Von Burkhard Zemlin 30.05.2016, 07:23
Das Hotel „Goldenes Schiff“ in Eisleben am Plan um das Jahr 1900 oder früher. Die Toreinfahrt am Plan 7 ist gut zu erkennen.
Das Hotel „Goldenes Schiff“ in Eisleben am Plan um das Jahr 1900 oder früher. Die Toreinfahrt am Plan 7 ist gut zu erkennen. Archiv/Peter Lindner

Eisleben - Vor 130 Jahren wollte Friedrich Pistor in Eisleben an seinen Häusern Plan 6 und 7, die er wohl 1880 erworben hatte, einiges verändern. Am 27. Mai 1886 wandte sich der Hotelier deshalb an den hiesigen Magistrat und stellte einen entsprechenden Bauantrag.

Renommierte Adresse

Pistor dachte an eine neue Zufahrt zu seinem Anwesen, das von 1848 bis 1864 als Poststation diente und zu den renommiertesten Adressen der Lutherstadt gehörte. Im „Goldenen Schiff“ fanden bis zum Jahr 1901 die Sitzungen des Kreistages statt, hier war 1864 der legendäre Geschichts- und Altertumsverein der Grafschaft gegründet worden, hier hatte 1873 Richard Wagner mit seiner Frau Cosima Station gemacht, nachdem er ihr die Stätten seiner Kindheit am Markt gezeigt hatte.

Überdies ist das „Schiffchen“, wie die Gaststätte auch oft genannt wurde, das Geburtshaus von Friedrich August Quenstedt (1809-1889), einem der bedeutendsten Geologen seiner Zeit, ohne den die die Wissenschaft von den Lebewesen vergangener Erdzeitalter, die Paläontologie, heute wohl kaum vorstellbar wäre.

Wiedereröffnung Ende 1889

Es ist kaum anzunehmen, dass über den an der Universität Tübingen so geschätzten, international anerkannten Professor Quenstedt im 19. Jahrhundert in Eisleben schon etwas bekannt war. Pistor hatte sicher keine Ahnung, welche Geistesgröße unter seinem Dach geboren worden war. Er hatte andere Sorgen. Überliefert ist, dass seinem Bauantrag seitenlange statische Berechnungen beigefügt waren. Ob dann die Zufahrt so verändert werden konnte, wie es sich der Hotelier vorstellte oder ob der Magistrat Abstriche verlangte, ist nicht bekannt. Aber wir wissen, dass die Arbeiten im Dezember 1889 abgeschlossen waren, wie aus einer Anzeige im Eisleber Tageblatt hervorgeht. Pistor machte hier bekannt, dass der Umbau seines Restaurants „im Hotel zum gold. Schiff“ nunmehr beendet sei und er „gleichzeitig um ferneren gütigen Besuch“ bitte.

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Es ist eine der letzten Eintragungen, die in der Eisleber Chronik über Friedrich Pistor Auskunft geben. Im Jahr 1890 wird er in den Annalen noch einmal als Gastwirt genannt, danach verliert sich seine Spur, bedauert der Heimatforscher Peter Lindner, der alle verfügbaren Quellen zum „Goldenen Schiff“ ausgewertet hat. Dabei musste er feststellen, dass bezüglich der Häuser Plan 6 und 7 zwischen den Jahren 1890 und 1900 eine Lücke klafft. Erst danach, 1901, wird Wilhelm Herrmann als Hotelier genannt. Doch wann und unter welchen Umständen er das Haus übernahm und was aus Friedrich Pistor geworden ist, darüber schweigen die Quellen.

Eine Postkarte mit einem „Gruss aus Eisleben“, die im Jahr 1900 auf die Reise geschickt wurde, zeigt das Hotel, wie es nach Pistors Umbau ausgesehen haben mag. Zu erkennen ist am Haus Plan 7 die Toreinfahrt, etwa an der Stelle, an der heute eine Tür in die MZ-Lokalredaktion führt.

Dieser Eingang ist ein Überbleibsel des Umbaus von 1929, als hier die Verbandssparkasse des Mansfelder Seekreises ein neues Domizil erhielt.

Das Hotel „Goldenes Schiff“ bestand nebenan aber noch viele Jahre weiter, und wir fragen uns, ab wann und wie lange die Häuser Plan 6 und 7 eigentlich vereint waren und wann es zwei Eigentümer gab. Doch darüber finden sich in den Annalen keine Hinweise.

Vorläufer des Arbeitsamtes

Peter Lindner hat etwas anderes herausgefunden. In seinem Buch „Trans aquem“ lesen wir: „Bis etwa 1870 fand im ,Schiffchen' der Eisleber Gesindemarkt statt. Bis dahin haben die Knechte und Mägde aus den Dörfern im näheren Umkreis von 2 bis 3 Meilen hier Arbeit gefunden. Zu Martini versammelten sich junge Leute in dem Gasthof. Bauern und Großbauern aus der Umgegend und auch von weiter her mischten sich unter die Leute, fragten, ob jemand Lust hätte, bei ihnen als Knecht oder Magd zu arbeiten. Dieser Gesindemarkt war wohl das erste ,Arbeitsamt' in Eisleben.“ (mz)

Das Haus Plan 7 heute.
Das Haus Plan 7 heute.
lukaschek