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Familie hält Fäden fest in der Hand

Von KATHRIN LABITZKE 14.03.2010, 16:24

HETTSTEDT/MZ. - Sie schauten sich Stücke der Gebrüder Grimm im Marionettentheater "Märchenland", das sein Zelt in der Kirschstraße aufgebaut hatte.

Bereits zum 15. Mal gastierte das Theater auf diesem Platz und begeisterte vor allem das kleinere Publikum. Antonie Woitschak (60), gelernte Artistin, und Wendolin Woitschak (65), gelernter Puppenspieler, stammen beide aus Stendal aus einer Puppenspieler-Familie. Seit fast 40 Jahren widmen sich Woitschaks dem Marionettenspiel und gaben das Talent an ihre vier Kinder weiter. Die beiden ältesten haben selbst ihr eigenes Marionettentheater. Die jüngeren Geschwister Renardo (17) und Anna-Carina (18) arbeiten bei den Eltern mit.

Die 300 Jahre alte Tradition ihrer Vorfahren führt Familie Woitschak bereits in der achten Generation weiter, wobei noch eine Besonderheit hinzukommt: Familie Woitschak betreibt das einzige mobile Theater in Deutschland.

Im Laufe der Zeit haben sich die Puppenspieler einen enormen Fundus von über 100 Marionetten zugelegt. Die älteste Puppe ist bereits über 100 Jahre alt. Sie heißt Peter, wiegt fünfzehn Kilogramm und wird an 15 Fäden geführt.

Seinen Ursprung hat die Marionette in der Lausitz. Dort wurde die Figur erstmals im 16. Jahrhundert in kirchlichen Unterlagen in Bad Liebenwerda erwähnt. Die anderen Puppen stammen überwiegend aus dem Puppenwerk in Hohnstein. Die ausschließlich aus Pappelholz bestehenden Marionetten bekommen die Woitschaks im Rohzustand. Angemalt werden sie dann von der Tochter. Die Kostüme bekommen sie von der Mutter geschneidert. Da eine Puppe zwischen neun und zwölf Kilo wiegt und an neun bis zwölf Fäden jongliert wird, braucht man für die Koordination nicht nur starke Arme, sondern auch Geschick und schauspielerisches Talent.

Die Puppenspieler-Familie führt fast ausschließlich Märchen der Gebrüder Grimm auf. Sie werden im Ursprung und Originaltext vorgetragen. Um die Inszenierungen für ihr Publikum spannender zu gestalten, treten die Marionettenspieler fast unsichtbar auf. Darüber hinaus wirken aber auch echte Tiere mit: So hoppelte zum Beispiel am vergangenen Wochenende bei "Hänsel und Gretel" ein Hase über den Rasen des Märchenwaldes. "Wenn die Kinder lachen und staunen, ist das unser bester Lohn", sagt Antonie Woitschak.

Die Tournee des Marionettentheaters "Märchenland" beginnt jeweils im März und endet im November eines Jahres. Deutschlandweit wird nahezu in 50 Städten gespielt, das heißt, es gibt 16 Veranstaltungen pro Monat. Nächste Woche können Neugierige Familie Woitschak mit ihren Marionetten in Sangerhausen erleben.