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Elektromobilität Elektromobilität: Zapfsäule unter Spannung

Von Felix Fahnert 03.06.2019, 08:36
Axel Baierl lädt sein E-Auto an der Ladestation. Anderthalb Stunden dauert eine vollständige Ladung.
Axel Baierl lädt sein E-Auto an der Ladestation. Anderthalb Stunden dauert eine vollständige Ladung. Felix Fahnert

Osterhausen - Wenn Axel Baierl aus seiner Haustür kommt, blickt er direkt auf die Zukunft der Mobilität. Keine zwanzig Meter sind es bis zur neuen öffentlichen Elektrotankstelle, die seit kurzem in der Osterhäuser Ortsmitte steht.

Die Initiative hierfür kam nicht etwa von Verkehrsministerium, Land oder Stadt, sondern von Baierl und seiner Partnerin Nora Hungsberg persönlich. „Wir wollten nicht länger warten“, sagt Axel Baierl.

Denn wenn es um die Zukunft von Mobilität und Energieversorgung geht, ist der 49-Jährige zweifellos ein Vorreiter. Autos mit Verbrennungsmotor? Fehlanzeige! Schon seit fünf Jahren fährt er eines von zwei Elektroautos der Familie. Und weil ihm der Ausbau der Ladeinfrastruktur durch die öffentliche Hand zu lange dauerte, hat er im vergangenen Jahr die Initiative ergriffen.

„Wir haben die Sache einfach selbst in die Hand genommen“, sagt er. Seit Oktober hat Baierl mit Stadt, Ämtern und dem Energieversorger alles Notwendige organisiert und in die Wege geleitet. Nun steht die Ladestation inmitten des kleinen Eisleber Ortsteils, zwei E-Autos können hier gleichzeitig aufgeladen werden.

8.500 Euro investiert

Doch Baierl investierte nicht nur Zeit und Energie in das Projekt, sondern auch bares Geld. Denn das Bundesverkehrsministerium förderte nur etwa ein Viertel der Kosten. Rund 8.500 Euro zahlten Baierl und Hungsberg aus eigener Tasche, damit nun im beschaulichen Osterhausen vor der Markt-Apotheke eine öffentliche elektrische Ladestation steht.

Derzeit ist das Laden für jedermann sogar noch kostenlos. „Momentan zahle ich den Strom“, sagt Baierl. Erst in einigen Wochen sollen Gebühren anfallen. Abgerechnet wird dann über eine Karte oder eine Handy-App.

Schnell wird klar: Baierl tut das alles aus Überzeugung. „Irgendjemand muss eben mal was machen“, sagt er mit Blick auf die aktuelle Klimapolitik. Die Forderungen der Fridays-for-Future-Proteste seien absolut nachvollziehbar.

„Und Elektromobilität ist keine Utopie, die Lösungen sind doch da.“ Baierl ist vom Fach: Er arbeitet als Bereichsleiter bei der Firma Elektro-Würkner in Farnstädt. „Wir dürfen keine Angst haben, Technologien ändern sich eben“, sagt er. „Das sollten sich auch die politischen Parteien auf die Fahnen schreiben.“

Eintrag in Online-Datenbank

Und auch wenn sich die Stadt Eisleben bei seinem Anliegen „sehr kooperativ“ gezeigt habe: Baierl wünscht sich, dass die öffentliche Hand bei der Ladeinfrastruktur viel stärker von selbst aktiv wird. „Du fährst irgendwo hin und dann kannst du dein Elektroauto nicht laden.“ Das sei ärgerlich, denn eigentlich sei die Technologie „wirklich begeisternd“. Er genieße das leise, komfortable Fahren. „Man hört sogar das Zwitschern der Vögel“, schwärmt er.

In Zukunft werde die Tankstelle in Osterhausen auch in eine zentrale Online-Datenbank eingespeist. Das könnte viele E-Autofahrer von außerhalb in den Ort bringen. Axel Baierl würde es begrüßen - und wünscht sich, dass viele mehr Leute auf Elektroautos umsteigen.

Die Reichweiten seien deutlich angestiegen - und würden für die allermeisten Fahrten absolut ausreichen. „Wie oft im Jahr fährt man denn wirklich mal 300 Kilometer am Stück?“, fragt Baierl.

Nur regenerative Energien

Mit der neuen Tankstelle schließt sich in Osterhausen gewissermaßen ein Kreis. Denn bereits in den 1940er Jahren habe es an eben jener Stelle eine Tankstelle gegeben, erzählt Baierl - und zeigt ein altes Foto aus dem Familienalbum. „So ändern sich die Zeiten“, sagt er schmunzelnd. „Jetzt gibt es hier eben einfach was anderes.“ Einst war es Diesel, heute ist es elektrischer Strom.

Und der stammt zu 100 Prozent aus regenerativen Energien. Kohlestrom, das wäre auch etwas widersprüchlich, findet Baierl. „Dann würden Abgase ja woanders ausgestoßen werden.“

Und so kommt der Strom für die Elektroautos nicht nur von einem Öko-Energieversorger, sondern auch von Baierl selbst. Denn natürlich hat der 49-Jährige auf seinem Grundstück eigene Solaranlagen. Und diesen Strom nutzt er nicht nur für den Haushalt, sondern speist ihn außerdem in die öffentliche Ladestation ein.

Die Photovoltaik-Flächen hat Baierl im Übrigen schon seit 2001 - einem Jahr, in dem dies längst noch nicht so üblich war wie heute. „Irgendeiner muss eben anfangen“, sagt Baierl und grinst. Auf kaum jemanden könnte dieser Satz besser passen als auf ihn. (mz)

Die Tankstelle in den 40ern
Die Tankstelle in den 40ern
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