Regenwassergebühren Abwasserzweckverband Eisleben: Rechtsanwalt erzielt Erfolg vor OLG
Eisleben - „Es geht nicht darum, nichts zu bezahlen“, sagt Steffen Schmidt, „sondern darum, dass korrekt kalkuliert und abgerechnet wird.“ Der Wolferöder Rechtsanwalt, der ein Büro in Berlin betreibt, klagt im Auftrag von mehreren Mandanten in Wolferode und Bischofrode seit einigen Jahren gegen den Abwasserzweckverband (AZV) „Eisleben-Süßer See“. Konkreter Gegenstand sind die Gebühren für die Regenwasserentsorgung, die der AZV erhebt.
Mittlerweile hat Schmidt bereits zwei Mal einen Teil-Erfolg errungen: Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat 2015 und 2019 die Satzungen über die Niederschlagswassergebühren teilweise für unwirksam erklärt. „Das bedeutet, dass der AZV die Gebühren seit 2013 ohne Rechtsgrundlage erhebt“, so der Rechtsanwalt zur MZ.
Abwasserzweckverband (AZV): Können die Bürger die Gebühren zurückfordern?
Was heißt das für die Bürger? Können sie Gebühren zurückfordern? Schmidt sieht da schlechte Chancen. „Wer keinen Einspruch eingelegt hat und bezahlt hat, für den ist es sehr schwierig, das Verfahren wieder aufzugreifen.“
Bis 2013 war die Lutherstadt Eisleben für die Regenwasserentsorgung zuständig. Im Zuge der Haushaltskonsolidierung übertrug die Stadt diese Aufgabe an den AZV und verkaufte die Kanäle. „Damit haben die Probleme angefangen“, sagt Rechtsanwalt Schmidt.
Regenwasserentsorgung Eisleben: Gebührenberechnung muss transparent erfolgen
Zum Teil gebe es reine Regenwasseranlagen, zum Teil ein Mischsystem, in dem Schmutz- und Regenwasser zusammen entsorgt werden. Seiner Ansicht nach habe der AZV bei der Kalkulation der Regenwassergebühren Kosten einbezogen, die eigentlich zum Schmutzwasser gehören würden.
„Die Gebührenberechnung muss transparent und nachvollziehbar sein“, so Schmidt. Dies sei bislang nicht der Fall. Das Gericht sei dieser Auffassung gefolgt. „Der AZV konnte die Kalkulation der Gebühren nicht plausibel erklären“, sagt der Wolferöder, der seit 2000 als Rechtsanwalt arbeitet, hauptsächlich im Bereich Steuer- und Immobilienrecht.
AZV "Eisleben-Süßer See": OLG beanstandet Kalkulation
2013 hatte der AZV als Gebührensatz 65 Cent pro Kubikmeter festgelegt. 2015 wurde dieser Betrag rückwirkend auf 63 Cent pro Kubikmeter angepasst. Seit Anfang 2016 werden 56 Cent pro Kubikmeter erhoben.
AZV-Geschäftsführer Andreas Gimpel stellt im Gespräch mit der MZ klar, dass das Oberverwaltungsgericht zwar die Gebührenkalkulation beanstandet habe. Grundsätzlich habe das Gericht aber keine rechtlichen Probleme bei der Übertragung der Regenwasseranlagen an den AZV sowie bei der Gebührenerhebung gesehen.
Auch die entsprechende Satzung sei in ihrer textlichen Form in Ordnung. Lediglich die Gebührenkalkulation müsse überarbeitet werden. Es sei aber bereits absehbar, dass der Gebührensatz etwa gleich bleiben werde, so Gimpel. Die Kalkulation müsse nur in Teilen anders dargestellt werden. Er weist den Vorwurf, die Kalkulationen seien nicht transparent, zurück. „Es ist alles einsehbar. Das wird von den Bürgern auch genutzt“, so der Geschäftsführer.
Abwasserzweckverband Eisleben: Flächenermittlung erfolgte per Flugzeug
Wie er erläutert, habe die Stadt Eisleben früher kein Entgelt für die Regenwasserentsorgung erhoben. Der Grund: „Das ist viel aufwendiger, als beim Schmutzwasser.“ Nach der Übernahme der Regenwasseranlagen 2013 habe der AZV eine erste Gebührenkalkulation im Haus vorgenommen.
„Wir hatten ja Kosten und mussten möglichst schnell Einnahmen erzielen.“ Unter anderem seien damals alle Flächen per Befliegung erfasst worden. Diese Flächenermittlung sei vor Gericht als zu ungenau beanstandet worden, so Gimpel. „Wie hätten wir das denn anders machen sollen?“ 2015 sei der Gebührensatz rückwirkend nachkalkuliert worden.
Ergebnis: „Wir hatten mit unserer Prognose fast richtig gelegen.“ Die Gebührenkalkulation übernimmt ein externer Dienstleister, das Institut für Wasserwirtschaft Halbach (Sachsen). „Das ist eines der renommiertesten Büros auf diesem Gebiet“, sagt der Geschäftsführer. Das Institut sei dabei, die vom Gericht gegebenen Hinweise in die neue Kalkulation einzuarbeiten. Geplant sei, die Satzung im November zu beschließen. (mz)